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Nun denn, munter weiter in Germanisch:
Der Freitag ist ein guter Tag, nicht zuletzt weil der agile und unfassbar moderne Arbeitnehmer Herr S. aufgrund eines zeitgemäßen Arbeitszeitmodells an diesem meistens im „Home-Office“ weilt.
Das spart das Pendeln nach Hagen und ich habe mittags meist eine Stunde Zeit eine Kleinigkeit in Solingen zu essen und dabei liebgewonnene Lokale zu besuchen, die in nur wenigen Minuten zu erreichen sind.
Heute entschied ich mich für das im Solinger Südpark am ehemaligen Hauptbahnhof gelegene Restaurant „Stückgut“, das in einem ehemaligen Frachtlager der DB untergebracht ist; im Umfeld das Museum Plagiarius, Künstler-Ateliers und schöne Außenanlagen - Parken tiefenentspannt!
Wenn ich resümiere, was der Dorftratsch über das Stückgut sagt und schaut man, wie lange der Laden schon besteht, kann man behaupten „man hat es geschafft“, sonst ist hier wie allerorten gerne nach spätestens 18 Monaten der Ofen aus – und leider trifft es hierbei oft die falschen.
„Hier kann man richtig gut essen, schönes Ambiente, Preise ok bla bla bla…“ behauptet stets die Klientel, die sich zu schick für den Balkan Grill oder eine einfache Gaststätte fühlt, die Preise gehobener Gastronomie oder lange Anfahrten aber auch nicht in Kauf nehmen will und gemeinhin sowieso etwas ignorant unterwegs ist wenn es um gute Küche geht.
In meiner ersten Kritik zu diesem Restaurant war ich vorsichtig positiv, ich hatte eine Steinpilz Pasta und war zufrieden, wenn auch nicht begeistert. Außerdem erinnere ich gerade mit Lachtränen in den Augen einen fast schon erzürnten Leserbrief einer aufgebrachten Lehrerin, die sich aufgrund einer ironischen Bemerkung über ihren Berufsstand empört zeigte (ich hatte eine Lehrergruppe am Nebentisch, die sich recht blasiert über Eltern lustig machte und mir angemaßt dies in der Kritik leicht sarkastisch zu kommentieren).
Ich parkte direkt am Restaurant, betrat das Gebäude über den seitlichen Eingang, eine nette, handfeste Dame um die 40 stemmte den Service (ich merke gerade wie alt ich geworden bin, mittlerweile kann ich ja schreiben „in meinem Alter“, wo soll das noch hinführen…), ich wurde freundlich begrüßt und da die Sonne strahlte empfahl man mir doch an den rückseitigen Tischen im Freien Platz zu nehmen. Dem kam ich gerne nach, auch wenn das billige Dekor der wackligen Tische und das Blechgestühl nicht unbedingt ein geschmackvolles Ensemble darstellten – dann lieber was im Shabby Chic, man hat doch Künstler im Umfeld da ginge doch bestimmt was.
Man überreichte mir eine laminierte A4 Tages-Karte die in ihrer Aufmachung selbst in einer Kantine als eher schlicht wahrgenommen werden würde, hierauf zu finden klassische Salat-Varianten, etwas Pasta, hier und da leichte indische Einflüsse aber auch ein Steak, abgerundet wird mit einem Tages-Special von der Tafel, was mich positiv überrascht hat.
Ich entschied mich für das 200 Gramm Rumpsteak in medium rare, dazu ein Wasser (Apollinaris, 0,25l zu 2€) und genoss ein paar Minuten die herrliche, wärmende Frühlingssonne.
Die Dame aus dem Service brachte Brot und einen Dip, zusammen mit dem Besteck auf einem Teller, kann man sicher so machen, wir sind ja nicht im Adlon.
Brot & Curry Mayonnaise
Das Brot belanglos in jeder Hinsicht, aber ich hatte Hunger und freute mich auf den Dip, der sah nach einer reichhaltigen Aioli aus. Aber auch nicht wirklich, ich roch daran und aha, Curry Mayonnaise, seufz…
Ich finde Curry Mayonnaise in gut gemacht toll zu Meeresfrüchten oder kaltem Geflügel auf einem Sandwich, aber solo zu weichem Brot? Und dann auch noch in derart langweilig? Das geht besser, auch wenn ich sagen muss, dass ich es positiv fand, dass es überhaupt was vorab gab. Aber das entschuldigt ja nicht für alles und ich verweise in dieser Hinsicht gerne auf das Oscar Wilde Zitat aus meinem Profil.
Rumpsteak mit Pfeffersauce und Drillingen – 14,90 € (Preis auf dem Bon, ich prüfe noch nach, ob es hier tatsächlich einen kleinen Nachlass gab, siehe unten Antwort auf den Kommentar von hbeermann)
Rumpsteak mit Pfeffersauce und Drillingen
Nach relativ kurzer Zeit, maximal 15 Minuten, kam mein Steak angerauscht, der Teller verströmte auf der linken Seite leichte Pfeffernoten und auf der rechten Seite derer aus der Abteilung „fettige Pfanne“ seitens der Drillinge.
Ein mutiger Schnitt durch die Mitte offenbarte einen Treffer im Garpunkt, es war Medium rare, im Kern stimmige 51-52 Grad. Aber schaut der geneigte Steak-Freund sich den breiten grauen Rand an, ist die Freude doch leicht getrübt, so sieht es eben aus, wenn das Steak komplett in der Pfanne gegart wird ohne die Chance bei 80-100 Grad garzuziehen oder gar rückwärts gegrillt wird.
The first cut is the deepest...
Die Röstung außen akzeptabel, nicht akzeptabel war, die Sauce direkt drüber zu schütten, bei Steak bin ich da empfindlich, bei Schnitzeln in einfachen Lokalen natürlich pflegeleicht.
Das Fleisch war gut pariert, vielleicht zu gut, da auch nicht gerade große Mengen an intramuskulärem Fett vorhanden waren blieb es geschmacklich leider belanglos. Einfache, vermutlich argentinische Ware, nass gereift ohne jeden Charakter - Fleisch ist wie Wein, man schmeckt nun mal was drin ist.
In der Konsistenz ok, der graue Rand keine Freude, in der Mitte jedoch saftig und hinreichend zart, ein wenig kauen musste man dann doch, aber siehe letzter Absatz.
Dazu sei gesagt, ich habe hier zu diesem Preis natürlich auch kein Edelfleisch erwartet, ich schildere nur meine geschmacklichen Eindrücke!
Die Sauce war leicht abgebunden und mit „leicht“ kann man auch das einseitige Aromenspiel beschreiben, außer dem alles überlagernden grünen Pfeffer war nicht viel zu vernehmen, aber es war keine Tütenware. Viel schlimmer war, das sie durch den Transport auf der Terrasse und womöglich ein, zwei Minuten Wartezeit am Pass an den meisten Stellen schon merklich zu kühl war, den Teller vorzuwärmen wäre eine tolle Idee gewesen.
Die teilweise sehr großen Drillinge waren komplett unterwürzt, obwohl ich mit dem Auge homöopathische Spuren von Rosmarin ausmachen konnte, leider bestätigte die Zunge den visuellen und olfaktorischen Eindruck: die fettige Pfanne blieb in bester Erinnerung, leider, sie blieben zur Hälfte auf dem Teller.
Da ansonsten kein Gemüse dabei war, frage ich mich warum man nicht einen kleinen Beilagensalat zumindest als Option auf der Karte hatte, ich hätte ihn bestellt oder zu seiner Gunsten gerne auf das Brot verzichtet.
Die nette Dame räumte ab, fragte nach der Zufriedenheit, ich merkte freundlich die kalte Sauce an und erntete eine überaus nette Reaktion, ich hätte gerne etwas sagen können und ich hätte Ersatz erhalten, sehr anständig. Die Anregung für dieses Gericht den Teller anzuwärmen wollte man gerne weitergeben.
Ich bestellte mir noch einen Espresso (2,00€) und erhielt den ersten seit langem, der ohne jegliche Crema daher kam, der letzte dieser Art war einer im Büro, den ich ca. 8-10 Minuten auf der Maschine vergessen hatte.
Espresso ohne Crema
Letzterer schmeckte trotzdem besser als dieser im Stückgut - ich bin kein passionierter, kompetenter Espresso Aficionado aber ich möchte doch eher dazu raten, hier auf andere Optionen in der Karte zu gehen, er war wirklich nicht gut.
Fazit
Die Bezahlung und Verabschiedung problemlos und freundlich, die Sonne schien, ein schöner Tag, ich war satt und gut gelaunt, glücklich in kulinarischem Sinne war ich jedoch mitnichten.
Ein totaler Reinfall sieht sicher anders aus, es war essbar aber auch nur das, allem fehlte es an Sorgfalt, Liebe und Raffinesse und beim Brot und Fleisch wäre ein bessere Ware zumindest empfehlenswert, dann lieber fünf Euro mehr aber mit Stolz auf der Karte davon künden!
Ich bin in Sachen Küche bei dem an diesem Tag verzehrten Gericht bei 2,5 Sternen, das geht besser, ein halber Stern hierbei lediglich als Anerkennung für den getroffenen Gargrad.
Der Service war wirklich OK, man war immer präsent obwohl nur eine Person für das ganze Restaurant bediente, fragte nach der Zufriedenheit, war flott und höflich, das war gut zu nennen, auch wenn ich es rückblickend nett gefunden hätte, wenn man aufgrund meiner Kritik vielleicht auf die Berechnung des Espressos verzichtete hätte.
Das Ambiente im Innenraum war noch nie meins, draußen bei schönem Wetter ganz nett, lauschig ist es aber nicht wirklich, dazu ist hier einfach viel zu viel los u.a. durch die hier verlaufende, überaus beliebte Fahrrad- und Wandertrasse.
Das PLV möchte ich als Momentaufnahme für das hier gebotene als „ausreichend mit Luft nach oben“ bezeichnen und somit mit 2,5 Sternen, auch wenn 15 Euro grundsätzlich für ein solches Gericht sehr günstig sind wenn alles stimmt.
Ich werde mir das Restaurant für meinen Freitagmittag sicher längere Zeit nicht mehr vormerken.