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Aufgrund des Neubaus des Gebäudes, in dem unsere Abteilung normalerweise am Stammsitz untergebracht ist, arbeite ich momentan noch in Wuppertal Ronsdorf. Ein Stadtteil mit einer eigenen, gewissermaßen dörflichen, kleinstädtischen Struktur mit einem kleinen Zentrum; es gibt noch Fachgeschäfte, „richtige“ Metzger und Bäcker statt unsäglicher Billigketten und natürlich auch das ein oder andere gastronomische Angebot.
Bei letzteren schließlich heißt es jedoch „Bonjour tristesse“, leider allerdings nur im Wortsinne, die Côte d’Azur aus dem Sagan’schen Bestseller hatte kulinarisch zweifelsohne zu jeder Zeit mehr zu bieten als der Wuppertaler Randbezirk.
Denn leider regiert auch hier der bewährt ausbalancierte, triste Mix aus Dönerbuden, Pizzerien, vergleichsweise rar gesäten Take-Away Asiaten und altbackenen Kneipen mit entsprechendem Mittagstisch – wobei sich unter letztgenannten mitunter echte Perlen finden, hier vor Ort habe ich aber noch keine entdeckt.
Dank meiner liebenswürdigen neuen Kollegen, die mir das Umfeld meiner neuen Bürostätte in einigen mittäglichen Erkundungsmärschen nähergebracht haben, hatte ich recht schnell einen guten Überblick über die fußläufig zu erreichenden Optionen bekommen.
Das „Dimitra 2“ wurde beim Vorbeischlendern mit einem wohlwollenden „hier gehen mittags auch viele hin, der hat ne nette Mittagskarte mit kleinen Portionen!“ bedacht, das Gebäude verströmte „genretypische“, enorm vielversprechende Grillgerüche in 2000 Metern Umkreis und den Schreiber dieser Zeilen packte spontan basale Entzückung: „Go to hell, hipster bento-places, I´m a simple man, let's talk bifteki!“
Das Außenbild des Lokals könnte klischeebeladener nicht sein, stellvertretend für tausende andere griechische Grilltempel logiert man in einem maximal unattraktiven, unscheinbaren 60er-Jahre Mehrfamilienhaus und die Außenwerbung würde selbst an einer Imbissbude in Bahnhofsnähe nicht unbedingt „prunkvoll“ anmuten.
Außenansicht
Bei meinem ersten Besuch musste ich zunächst intuitiv den Eingang des Restaurants aufspüren, denn dieser befindet sich auf der rückwärtigen Seite des Gebäudes - ich finde, ein kleines Hinweisschild an der Straßenfront könnte hier nicht schaden.
der rückwärtige Eingang
Nach dem Eintreten war ich zunächst sehr amüsiert, denn ein gut gelaunter Cowboy kam mir in vollem Ornat entgegen und mein erster Gedanke war „OK, der örtliche Squaredance Verein nimmt seine Sache aber sehr ernst…“. Erst als einen Augenblick später noch ein Neandertaler und ein US Cop auftauchten wurde mir langsam bewusst, dass dies nicht eine schrille Wuppertaler Selbsthilfegruppe war, sondern der Karneval das Rheinland mittlerweile fest im Griff hatte: Ein Vierertisch gesetzteren Alters hat sich vor einer bevorstehenden Karnevalsveranstaltung hier gestärkt und war gerade im Aufbruch, als ich das Lokal betrat.
Das Interieur des Restaurants konterkariert auf überaus erfreuliche Art und Weise das klischeebeladene Außenbild. Zunächst möchte ich betonen, wie gut die Luft im Gastraum ist, Essensgerüche sind kaum wahrzunehmen und ich denke, wir alle wissen, wie die Garderobe nach dem Besuch eines echten „Old-School-Griechen“ riechen kann, selbst wenn man nur 20 Nanosekunden vor Ort war.
Innenansicht
Dazu kommt eine für ein solches Restaurant gelungene, geschmackvolle Inneneinrichtung mit netten Details wie den momentan unvermeidlichen Retro-Edison-Glühbirnen und einem angenehmen Farbkonzept mit Holz- und Leder-Elementen.
Im Hintergrund tönt leise Easy-Listening-Jazz aus guten Boxen, die Tische sind mit netten Windlichtern und sauberen, recht hochwertigen Salz- und Pfeffermühlen bestückt, ich kenne nicht nur im Segment „Eckgrieche“ so einige Lokale, die sich hier die ein oder andere Scheibe Moussaka abschneiden könnten und sollten.
Ich war leicht perplex und erwartete, dass man mir sagte, ich sei im Lounge-Bereich, den man nur separat für Events anmieten könne und das man mich in einen im schönsten Gelsenkirchener Kneipen-Barock ausgeführten, stickigen Gastraum führt, in dem aus billigen Plastikboxen der Sirtaki aus Alexis Sorbas Kultfilm in Dauerschleife dudelt.
Dazu Pappmaschee Statuen aus der griechischen Mythologie, an den Wänden mit grobem Pinsel fabrizierte, stereotypische mediterrane Hafenszenen, dazu gerne Fischernetze und die ein oder andere Amphore. Nach dem Eintreten wird man dort vom Chef im weißen Hemd und zurückgegelten Haaren so freudig begrüßt wie ein in vor Jahren unter tragischen Umständen verloren geglaubtes, geliebtes Familienmitglied, auf dem Weg zum Tisch wird man von einem Fleischberge-balancierenden Kellner fast umgerannt und beinahe unter 30 Kilo Gyros verschüttet….
„Hallo guten Tag, sie sind alleine? Bitte suchen sie sich gerne einen Platz, wo sie möchten…“ unterbrach eine freundliche Stimme meine Grillduft-geschwängerten Gastro-Tagträume, ein junger Mann in gepflegtem Kellner-Schwarz-Weiß hatte mich entdeckt und ich war mir recht sicher, dass es sich um keine Verkleidung handelte.
Ich nahm auf einem der bequemen, lederbespannten Hochlehnern Platz und mein Blick schweifte argwöhnisch durch den Raum, immer noch auf der - erfolglosen - Suche nach Fischernetzen, Poseidon-Statuen und Co.
Die gepflegte Karte wurde gereicht, die Frage nach einem ersten Getränk mit dem üblichen, mittäglichen Wunsch nach einem Mineralwasser beantwortet, prompt wurde ein gut gekühltes Gerolsteiner in der 0,25l Gastroflasche zum Tisch befördert und ich konnte meine Bestellung aufgeben.
Die Karte wiederum offenbart sich als deutlich klischeebeladener als der Gastraum, alles was dieses Restaurant-Genre hierzulande so beliebt gemacht hat ist vorhanden, Saisonales oder gar Tagesangebote sucht man hier naturgemäß meist vergebens.
Neben den üblichen gemischten Fleisch-Pommes-Reis-Zaziki Teutonenplatten das ein oder andere aus dem Backofen und natürlich auch eine mit dem unvermeidlichen „Aus dem Meer“ übertitelte Fisch-Abteilung.
Die dortige, für 16 Euro (…) angebotene „Seezunge“ blieb im Gedächtnis und sorgte für eine amüsante GG-Vision: Ich stellte mir unseren vor Empörung geifernden, lieben Doc Beermann vor, der aufgrund einer verlorenen Wette hier zum Dinner erscheinen musste. Nicht nur, dass der von ihm erwünschte Champagner zum Aperitif nicht verfügbar war und er und seine Gattin mit einer leidlich gut gekühlten Flasche Mumm auskommen mussten: Nein, auch die ihm vorgesetzte „Seezunge“ entpuppte sich als dreister Deklarations-Schwindel was vom ihm bei hochrotem Kopf mit einer 10-minütigen Brandrede quittiert wurde, in der u.a. die Vorzeige-Seezungen seiner Sylter Lieblingslokale en détail gewürdigt wurden.
Wie von meinen Kollegen bereits angesprochen, gibt es auch eine Mittagskarte, auf der sich zu Preisen zwischen sieben und neun Euro kleine Varianten von Gerichten der Abendkarte finden.
Von dieser wählte ich den „Trikolore Teller“ zu 8,20 Euro: Gyros, Suflaki und Bifteki mit Tomatenreis und Pommes Frites, dazu erbat ich einen Schlag Zaziki, was mit „sehr gerne mein Herr“ zur Kenntnis genommen wurde und sich schließlich mit 1,50 Euro Aufpreis auf der Rechnung niederschlug.
Nach einigen Minuten wurde der Beilagensalat serviert und dieser unterschied sich positiv vom landläufigen Haufen Krautsalat, den man in vielen dieser Häuser nur zu gerne auf den Tisch bringt.
Beilagensalat
Unten ein in mundgerechte Stücke zerpflückter grüner Salat von bemerkenswerter Frische, ein paar feine, halbierte Ringe von roter Zwiebel, oben fein geraspelte Möhre, dazu ein in ausreichender Menge vorhandenes, gelungenes Essig-Öl-Dressing mit Kräutern.Damit war ich sehr zufrieden, die Portion war ideal bemessen und das angenehm säuerliche Dressing sollte später die fettige Hauptspeise gut zu begleiten wissen.
Obwohl das Restaurant nur spärlich besucht war, ließ meine hellenische Dreifaltigkeit eine gute Viertelstunde auf sich warten, wusste dafür aber schon rein optisch gut zu gefallen.
Trikolore Teller - 8,20€
Die Grillstreifen hatten schon fast Cartoon-Charakter, so ausgeprägt und akkurat waren diese ausgefallen, ein ACME-Logo auf der Unterseite des Grillgutes suchte ich aber dennoch vergebens.
Darüber hinaus hatte auch die Nase Grund zum Schwärmen, das ganze duftete geradezu lächerlich gut, das Fleisch leicht rauchig-kräuterig, die Pommes rochen appetitlich nach frischem Fett, unter diesen mundwässernden Aussichten befreite ich ungeduldig das Suflaki von seinem Spieß und – es passiert mir JEDES Mal – verbrannte mir zuverlässig die Finger am heißen Edelstahl.
Und dann sollte es auch noch so gut schmecken, wie es roch und aussah: Das Suflaki zart und saftig, auch das beherzt mit Paprika, Knoblauch und Cumin gewürzte Bifteki war weit davon entfernt, staubig zu sein und war zusammen mit dem cremigen, ebenfalls gut ausbalancierten Zaziki ein kleiner Hochgenuss.
Besonders zu erwähnen ist allerdings das Gyros, das war derart herausragend gut, dass ich hier noch ein Foto von meinem zweiten Besuch zeigen möchte, auf dem man es etwas besser sehen kann.
Gyros Beauty Shot :-)
Bei diesem Gyros hat einfach alles gestimmt. Die Fleischqualität war perfekt, keine Fettorgie, keine Sehnen, die Textur war herausragend. Auch deshalb, weil wirklich jedes Stück eine wunderbare dunkelbraune Röstschicht hatte und es derart sorgfältig dünn abgeschnitten war, das letztlich jedes Stück das perfekte Verhältnis von Fleisch und Röstschicht besaß.
Auch wenn ich in Sachen Grieche quantitativ nicht mit der wackeren GG Kollegin Manowar mithalten kann, gehe ich dennoch gerade mittags gerne in diese Lokale, für mich positiv besetztes Soulfood mit vielen Kindheitserinnerungen. Und trotzdem muss ich lange überlegen, wann ich das letzte Mal ein derart gutes Gyros verschlingen durfte. Chapeau!
Die Pommes Frites wurden geschmacklich ihrem guten Geruch gerecht, heiß und knusprig, guter Eigengeschmack, gerne gegessen. Das gilt auch für den Tomatenreis, positiv hier insbesondere der natürliche geschmackliche Eindruck, man schmeckte Tomaten, das Gemüse, einen Hauch Oregano. Aber eben keine penetranten Noten von gekörnter Brühe oder – noch schlimmer – Vegeta, dem Fondor des Balkans, das man gerne in jugoslawischen Lokalen in alles reinkippt das nicht nach Dessert aussieht.
Die Größe der Portion war perfekt, genau die richtige Menge um nicht nach dem Essen ins Koma zu fallen oder mit knurrendem Magen den Nachmittag überstehen zu müssen.
Der freundliche Kellner fragte während und nach dem Essen nach meiner Zufriedenheit, bot einen Kaffee an und erkundigte sich darüber hinaus danach, ob ich die Portion im Rahmen des Mittagsangebotes für ausreichend hielt, was ich gerne bejahte.
Die Bezahlung geschah diesmal in bar, ich erhielt einen ordentlichen Beleg (den ich natürlich verbummelt habe, soviel zur Verifizierung diesmal…) und wurde freundlichst verabschiedet: Hier war ich nicht zum letzten Mal, soviel stand fest.
Fazit
Wer bei akuten Gelüsten in diese Richtung einen guten Vertreter seiner Art sucht, wird hier nicht enttäuscht werden. Sorgfältig und mit frischen, guten Zutaten zubereitete Gerichte werden Freunde dieser Küche mit Sicherheit zufriedenstellen. Ich weiß nicht, was ich hier angesichts von Anspruch und Preisgefüge des von mir verzehrten bemängeln könnte und gebe gerne fünf Sterne.
Das Ambiente: Außen pfui, innen hui, hinter dem Haus gibt es übrigens sogar einen kleinen Biergarten. Ich empfinde den Gastraum als wirklich angenehm, das Isolierglas schirmt den Lärm der Straße sehr gut ab, dazu die entspannende Musik, es mag pathetisch klingen aber es fühlt sich an wie eine kleine Oase im Grau des Umfeldes. Hierfür vier Sterne, das hässliche Haus trübt ja nicht die Stimmung während des Essens. Die Sauberkeit tadellos, hierfür fünf Sterne.
Der Service dem Setting entsprechend aufmerksam, präsent und höflich und hat damit 4 Sterne verdient Vielleicht hätte man den Aufpreis für das Zaziki noch benennen sollen bei der Bestellung, den habe ich zwar erwartet aber ich finde es trotzdem transparenter für den Gast. Wobei Starbucks das Verschweigen von Aufpreisen, die sich durch den Kunden untergejubelte Sonderwünsche ergeben, ja als integralen Teil seines Geschäftsmodells betrachtet und dafür absonderlicher Weise auch noch geliebt wird – da wollen mal hier nicht kleinlich sein.
Das PLV empfinde ich als gut und damit bei 4 Sternen, mit dem Getränk und dem Zaziki blieb ich bei knapp unter 12 Euro, weder ein Geschenk noch happig sondern eine faire Punktlandung für das Gebotene.
Eine sehr willkommene Mittagspausen-Option, die ich in den nächsten Monaten sicher noch des Öfteren wahrnehmen werde!