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Ein Besuch dieser nur noch fragmentarisch erhaltenen Felsenburg drängt sich auch weniger lauffreudigen Naturliebhabern auf, da der Anstieg auf den rund 440 Meter hohen Kegel des Schloßbergs, auf dem sich die Mitte des 12.Jahrhunderts erbaute Reichsburg befindet, recht kurz ist und die wenigen, etwas steileren Abschnitte mühelos bewältigt werden können.
Neben der wunderschönen Aussicht auf die bewaldeten Hügel und die gut versteckten, roten Sandsteinfelsen der Umgebung, zählt die Existenz eines sehr empfehlenswerten, am Fuß der Lindelbrunn gelegenen Ausflugslokals zu den Hauptargumenten für einen Abstecher nach Vorderweidenthal.
Denn hat man erst einmal die recht enge, kurz vor dem Örtchen abzweigende Straße passiert, wartet dort nicht nur ein ausreichend großer Wanderparkplatz, sondern eben auch das nach dem Pfälzer Forstwissenschaftler Heinrich Cramer benannte Cramerhaus. Was im Jahr 1934 als einfache Wanderhütte begann, entwickelte sich in der Folgezeit zu einer veritablen Waldgaststätte, in der sich Wanderer und Erholungssuchende bei gutbürgerlicher Pfalzküche stärken können.
Da geht's rein ins Cramerhaus!
Zwei Jahrzehnte lang wurde das Cramerhaus, das auch 13 Doppel- und Dreibettzimmer sowie ein großzügiges Apartment für Übernachtungsgäste bereithält, von Inge und Mathias Becker mit viel Herzblut geführt und zu dem gemacht, was es heute ist. 2022 verkaufte die Familie Becker ihr Schmuckkästchen an Jean-Pierre Baron, den Geschäftsführer der Pro Jagdkonzept GmbH.
Zusammen mit seinem Kompagnon und Freund aus Schultagen Uli Osterheld, der mit seiner Familie im benachbarten Forsthaus wohnt, führt er seitdem das idyllisch gelegene Traditionslokal. Und das nach wie vor mit großem Erfolg.
Schuld daran ist vielleicht auch das neue Konzept, bei dem verstärkt auf Wildfleisch aus der eigenen Jagd gesetzt wird. Die Jagdhütte befindet sich schließlich nur ein paar Meter weiter und mit den beiden neuen Betreibern, zwei passionierten Jägern und Jagdkonzeptlern, war dieser Schritt nur logisch.
Genug der Vorgeschichte und hinein ins schmucke Anwesen. Es war Mitte August und wir zeigten zwei Pfalzbesuchern, wie schön unsere Heimat ist. Nachdem wir sie den Weg zur Burg hinauf und wieder hinunter gescheucht hatten, kehrten wir spontan im Cramerhaus ein.
Es war ein herrlicher Sommertag und auf der großen, kinderfreundlich angelegten Gartenterrasse ging es sehr beschaulich zu.
Draußen im Grünen
Pfälzerwald-Idylle pur!
Nun, es war Ferienzeit und das Wetter passte, aber unter der Woche hält sich der Ansturm meist in Grenzen.
Wir nahmen draußen auf leidlich bequemem Gartengestühl Platz und durchblätterten die bereits ausliegenden Speisen- und Getränkekarten. Bestellt wird hier übrigens drinnen an der Theke. Wenn der mitgegebene Pager bzw. das „Bing-Gerät“ (Danke Manowar!) brummt, macht man sich auf den Weg, um das bestellte Essen abzuholen. Die Getränke erhält man dagegen gleich nach Bestellung an der Theke ausgehändigt. Damit auch ja keiner verdurstet.
Drinnen geht es rustikal zu
Ich gönnte mir an jenem sonnigen Donnerstagmittag eine gut gekühlte Rieslingschorle. Natürlich aus dem Schoppenglas – alles andere würde ja auch den Pfälzer Schorlegott erzürnen. Dieser wird hier übrigens für (noch) faire 4,50 Euro unters durstige Volk gemischt. Um mich herum ging es dagegen alkoholfrei zu. Der halbe Liter Mineralwasser wurde mit 3 Euro berechnet.
Ein Glas Apfelschorle fürs Töchterlein (0,3l für 3,30 Euro) und eine große Kirschschorle (0,5l für 4,50 Euro) fanden ebenfalls den Weg an unseren Tisch. Irgendjemand kippte sich auch noch ein alkoholfreies Weizenbier (0,5l für 4,50 Euro) rein. Pfui Deiwel!
Beim Essen sollte es bald wesentlich wilder zugehen. Für die Dame mit halbem Hunger gab es einen kleinen Wurstsalat mit Brot (8,50 Euro), ihr ständiger Begleiter ergötzte sich an einem deftigen Wildragout mit Spätzle und Salat (18,90 Euro), einem waschechten Waidmannsteller nach Art des Hauses.
Ordentlicher Waidmannsteller!
Dem Pfalznovizen gefiel sein süffiges Schmorgericht und auch seine Lebensabschnittsgefährtin schien mit ihrem sauer angemachten, mit reichlich Zwiebel und Gurke versehenen Wurstsalat ziemlich zufrieden zu sein.
Der kleine Wurstsalat mit Brot (für den kleinen Hunger)
Mich gelüstete es nach einem schiefen „Wildsack“ (13 Euro). Jenem aus einer Bratwurst und einem Leberknödel bestehenden Pfälzer Waldhüttenklassiker, den erst ein stattlicher Sauerkrauthügel adelt.
Der schiefe "Wildsack"
Nur dass hier die herzhaften, von fachkundiger Metzgerhand erzeugten Schweinereien mit reichlich Wildfleischanteil auf dem Teller landeten, was sie mit einer noch kräftigeren Fleischnote ausstattete. Besonders die saftige Bratwurst fiel zum Zunge schnalzen lecker aus.
What a Wurst!
Meine Gattin bestellte ebenfalls das Wildragout mit Spätzle und Salat (18,90 Euro), das als lange geschmortes Schwarzkittelgulasch im Grunde keines Messers bedurfte, um es zu verzehren. Es fiel derart mürbe aus, dass es förmlich auf der Zunge zerging.
Pulled wild boar mit viel Sooß!
Zum üppig bemessenen, in dunkler Wildsoße ertränkten Fleischgericht gesellten sich noch eine halbe Birne, etwas Preiselbeermarmelade und ein ansehnlicher Spätzleberg – nicht selbstgemacht, dafür aber gut zugekauft – hinzu.
Waldragout mit Spätzle
Ein Teller, der jeder hungrigen Wandersfrau zur vollständigen Sättigung gereicht hätte. Vom dazu gelieferten, schmackhaft angemachten Blattsalat ganz zu schweigen.
Beilagensalat zum Wildragout
Ja, die Portionen sind hier eher was für Gut- und Gerneesser. Aber frischer Luft und zurückgelegten Wanderkilometern wird ja häufig appetitsteigernde Wirkung nachgesagt. Also passte das auch portionsmäßig zur Umgebung.
Wir genossen unser spätes Mittagessen unter freiem Himmel, blickten hoch zur über uns thronenden Burg Lindelbrunn und hinüber zum Spielplatz, wo es sich unsere Kleine im Sandkasten bequem machte.
Freisitz mit Burgblick
Natürlich bemerkte sie die neben dem Ausschanktresen platzierte Kühltruhe, in welcher verschiedene Sorten „Roberto-Eis“ in 200ml-Bechern lagerten.
Der ebenfalls aus dem Pfälzerwald (Gossersweiler-Stein) stammende Roberto Soravia gilt bei uns als lokale Größe in Sachen Speiseeis und taucht mit seinem Eisauto zu festen Zeiten in bestimmten Ortschaften der Region auf. Auch in Steinweiler, meinem früheren Wohnort, stand er regelmäßig vor dem Gemeindehaus. Klar, dass wir da nicht umhinkamen, auch unser Töchterchen mit einem Becher Schoko-Eis von Roberto zu erfreuen.
Als wir Anfang September im Anschluss an einen kleinen Familienausflug in den Wild- und Wanderpark bei Silz wieder im Cramerhaus aufschlugen, wollte die ältere meiner beiden Herzensdamen unbedingt wieder vom Wildragout naschen, was sie dann auch ohne Umschweife tat. Sachen gibt’s. Ich beschied mich dagegen ganz asketisch mit einem Paar wilder Weißwürste mit Brezel (ohne „tz“…) und süßem Senf (10,50 Euro).
Klassisches Weißwurstgedeck
Es war das erste Mal, dass mir Wildfleisch in einem blassen Brätling unter Messer und Gabel kam. Die im Petersilienwasserbad servierten Würste schmeckten etwas kräftiger als ihre bleichen Artverwandten und hatten zudem ein tolles Kräuteraroma.
Wildweißwürste im Petersilienbad
Dass da der süße Senf von Händlmeier aus dem Tütchen kam und die Aufbackbrezel etwas zu viel Salz abbekommen hatte, konnte mein spätes Weißwurstfrühstück nicht im Geringsten trüben.
Das Cramerhaus kann ich jedem Pfälzerwaldbesucher mit Wildfleischaffinität nur wärmstens empfehlen. Ob nur zur Rast oder zur längeren Einkehr, hier lässt es sich verdammt gut aushalten. Das weitläufige Außengelände ist besonders für Familien mit Kindern sehr attraktiv, da hier den Kleinen viele Spielmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Qualität der Speisen stimmt und die Preise für feste und flüssige Nahrung bewegen sich auch im vernünftigen Rahmen.
Derzeit wird die Küche komplett saniert, weshalb das Cramerhaus bis zum April noch geschlossen bleibt. Die Idee, hier meinen runden Geburtstag im Sommer nachzufeiern, besteht bereits. Mal schauen, wie ich sie umgesetzt bekomme.
Auf jeden Fall freue ich mich schon auf den nächsten Familienausflug zu dieser „wilden“ Waldgaststätte, den wir selbstverständlich wieder mit einer kleinen Wanderung zur Burg verknüpfen werden. Denn nicht nur der gipfelstürmende Sandsteinkletterer weiß, dass der Pfälzerwald von oben betrachtet immer noch am schönsten ist.