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GastroGuide-User: DaueresserGK0712
DaueresserGK0712 hat Kesselhaus Karlsruhe in 76185 Karlsruhe bewertet.
vor 8 Jahren
"Regionale Frischeküche, modern interpretiert, mit kleinen Schwächen in der Zubereitung, aber perfektem Ambiente und Sterne (verdächtigem) Service oder unser Kulinarische Kurzreise 02/2017 - Part 1.1"
Verifiziert

Geschrieben am 27.02.2017 | Aktualisiert am 27.02.2017
Besucht am 24.02.2017 Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 96 EUR
Wir machen uns auf den Weg nach Durbach, am Abend sollte ein kulinarischer Höhepunkt mit dem Besuch des ein Sterne * Restaurant „Wilder Ritter“ folgen. Wie so oft suchen wir uns im Vorfeld, im optimalen Falle mittig, quasi bei der Hälfte der Zielroute einen schönen Zwischenstop heraus. Dieses Mal sollte es mal wieder Karlsruhe sein, in der letzten Zeit hier bei GG durch Borgfelder und Marc074 gastronomisch aufgewertet. Normalerweise besuchen meine Frau und ich meist das Cafe Bleu, die Kippe, den Hoepfner Treff oder meinen geliebten Griechen in der Herrenstraße auf. Dieses Mal sollte es aber anders sein. Ich stolperte in einer Gastro-Zeitschrift auf die kulinarischen Kochkünste von Sven Hemmann. Dieser bietet mit dem „Le Salon“ (1 Michelin Stern) und dem Bistro (2 Bestecke im Schlemmeratlas, 2 Diamanten im Vartaguide) der ehemaligen Färberei in Karsruhe Grünwinkel ambitioniertes Essen für jeden Geldbeutel an.


Die Hinfahrt ist etwas tricky, unser Navi erkennt die Adresse nicht an, deswegen parken wir irgendwo auf einem Firmengelände, die Arbeiter meinen „einfach über das Firmengelände laufen, dann kommen sie ans Kesselhaus, aber den gefüllten Geldbeutel nicht vergessen“. Uns war etwas mulmig, mitten unter der Arbeiterschaft hier durch zu gehen, aber nach 350 Metern kamen wir dann an der ehemaligen Färberei an.


Zur rechten das topp in Schuss wirkende Sandsteingebäude, in dem das Bistro und das Sterne-Restaurant beheimatet ist.


Meine Frau meint „hier scheint das Sternrestaurant zu sein, aber wo ist das Bistro ?“ sie deutetet auf die unzähligen Michelin, Gusto Points und andere Auszeichnungen, aber es scheint wohl nur einen Eingang zu geben :-)


Wir rein und gleich beeindruckt, ein kleiner schwarzer Flügel steht da imposant im Flur. Links ein Eingang, dahinter eine grelle orange schimmernde Farbe und viel Steinwerk und Holz. Wir gehen rein und sind nicht minder beeindruckt, als dass wir es schon von außen waren.

Mittig im Raum eine Freiluft-Empore, auf der standen schicke weiße Retro-Lounge Plastikstühle, alles einheitlich, auf beiden Ebenen. Fast alle Tische waren noch frei als wir schon von dem sehr sehr aufmerksamen Kellner mit Berliner Dialekt begrüßt wurden. Er erklärt, man sei fast voll in der Mittagszeit, aber ein Plätzchen gäbe es noch für uns "icke määnte noch einen Tisch gesichtet zu haben, wahh ?". Wir begleiteten ihn an die schicke Bar, Tische 107, 109 und 111 wären noch frei. Er begleitet uns dann zu unserem Tisch erklärt man habe für die Beruftstätigen einen schnellen Mittagstisch für 8,90. Heute waren das Linser Eintopf mit Würstchen und einen winterlichen Salat, außerdem gäbe es geschmortes Rind mit Tagliatelle für 13,90, dazu empfiehlt er uns auch gerne einen Wein und verließ uns wieder. 


In der Mitte unseres Tisches ein gefaltetest DIN4 Blatt, in einem gestärkten Karton eingearbeitet. Ein 4 Gang Vegan/Vegetarisches Menü, außerdem zur rechten Sven Hemmans Bistro-Menü für 35 Euro. 

Das hörte sich gut an, obwohl wir bei 35 Euro eigentlich schon im Sterne Niveau sind für ein Mittagessen (zb Dobler in Mannheim oder Becker`s in Trier). Aber wir sollten ja erst abends in den Genuss von Sterne Essen kommen, daher waren wir auch mit dem 35 Euro Menü von Sven Hemmann (er hat ja auch einen Stern in seinem Le Salon) einverstanden. Zum Durst sollte es ein Rothäuser Hefeweizen sein 0,5 für 3,80. Meine Frau wählte eine Cola Light.Wir bestellten beide das 3 Gang Menü welches unser Kellner mit einem „sehr geil“ kommentierte sowie „darf es zum Kalbsschnitzel ein trockenen Weißwein sein ? Wir haben einen perfekten Begleiter, einen fruchtig trockenen Grauburgunder von einem badischen Erzeuger“ - ja klar, den nehme ich natürlich auch.


Nach 10 Minuten bekamen wir ein Körbchen warmes und knsupriges Weißbrot hingestellt, ein Gruß aus der Küche, eine Creme, ein wenig Butter oder irgendwas anderes bekamen wir leider nicht. Das fand ich sehr schade. Dafür füllte sich das Lokal inzwischen, fast alle Tische waren besetzt. Am Nachbartisch wurde das Ragout vom Rind bestellt, dazu gab es einen Rotwein. Der wurde in einer Mini Karaffe (0,2 Liter) serviert, hatte ich vorher so noch nie gesehen. Das ist es auch, ohne jetzt schon mal auf die Essen und die Qualität der Zutaten ein zu gehen. Die kleinen Gimmicks für die Gäste, das Ambiente, das ganze Drumherum. Geht man auf die Toiletten ist es alles sehr sauber und modern, edle schwarze Fließen, zweierlei Stoffhandtücher, Desinfektion, Gel und Cremes für die Hände- Im Gang stehen zwei edle Sessel 

die zum Verweilen vor den Toiletten einladen, wahrscheinlich für den Herren gedacht, so lange sich noch die feine Gattin die Nase pudert. Möglichkeiten auf den Toiletten gibt es zu Genüge, schön dazu der flache Fliesenspiegel oberhalb des Drückers. Alles sehr sehr fein in der Gerichtsstadt.


Wir bekommen unsere Vorspeise serviert. 

Rote Beete Sushi mit Thaispargel-Salat und Soja-Ingwersud. Thaispargel knackig und lauwarm, der Soja Sud schmeckte leicht nach Soja, aber nicht nach Ingwer. Dazu gab es noch grüner Blattsalat und grüne Blattfäden, leider war das nicht angemacht. Zwei Sushi waren kalt, zwei Sushi hatten die Wärme vom Teller angenommen, etwas unrund. Was mich störte. Die Sushi schmeckten total fad, man schmeckte leicht die Rote Beete raus, aber vielleicht hätte man die Beete noch etwas auf peppeln können. Angerichtet sehr schön, es fehlte aber ein wenig die Würze und das runde in dem Gericht. Aber völlig Ordnung für den Anfang, aber ich merkte schon dass heute Sven Hemmann wohl nicht in der Küche stand, der Name stand wohl eher Pate des Menüs.


Aber gut, wir freuen uns auf das Kalbschnitzel. Und wie. Ein neues Referenz-Schnitzel ? Ganz ehrlich, so richtig angelacht hätte uns heute das Gericht vom Schlemmeratlas „ Das Haus empfhiehlt: Spinattagliatelle mit confiertem Eigelb, Pinienkernbröseln und weißem Trüffelschaum“, aber Kalbschnitzel geht natürlich auch immer:


Da lag es nun, vor uns. 

Das Fleisch in einer knusprigen Hülle, diese hatte Salz und Pfeffer gesehen, sie löste sich schön vom Kalbfleisch, aber das Fleisch war meines Erachtens überhaupt nicht gewürzt. Pur schmeckte es total fad und überhaupt nicht nach Kalb erinnernd. Da fehlte Salz am Fleisch (und nicht nur ein wenig) – kein Vergleich zu dem Schnitzel von der Pinzgauer Stube in Mannheim, da liegen schon 2 Ligen dazwischen.Zu dem Schnitzel gab es in Butter ausgebackene Pellkartoffelscheiben, in der Pfalz „Gebredelte“ genannt. Das ganze mit Speck verarbeitet. Wenn man nun diesen Speck und Kartoffel und Schnitzel zusammen in den Mund schob, schmeckte das ganz gut.
Als Salat wurde uns ein Gurkensalat serviert, der wurde nicht geschält und auch nicht entkeimt, dünne Scheiben wohl vom elektronischen Küchenhelfer. Wenn ich Gäste habe mache ich mir schon die Mühe und entkeime die Gurken unter fließendem Wasser mit dem kleinen Löffel und mache auch die Schale (teilweise) ab, ich brauche ja Schale für das Dressing. Und den Anspruch stelle ich dann natürlich auch den Lokalen wo ich essen gehe. Vorspeise und Hauptgang jeweils 3,5 von 5 Sternen, passend dazu auch das Dessert.


Auf der Karte hörte sich das schön an. Bisquit Roulade mit Walnuss und Schoko. Tannenhonigeis und eingeleten Birnenspalten. Meine Frau mag keine Birnen, ich erklärte die schmecken bestimmt schön nach Rotwein, passend zur Schokolade. 

Die gleiche Idee hatte auch der Koch, es tummelten sich aber noch Scheibchen vom Apfel dazwischen, das passte nicht ganz so gut mit dem Rotwein. Die Roulade war aber gut gemacht, das Tannenhonigeis konnte ebenfalls überzeugen ohne zu glänzen. In jedem Gang fehlte uns das Runde, das Ausgewogene, das Abschmeckende. Überzeugt hat uns heute der Kellner mit dem Berliner Dialekt, bestimmt bedient er auch abends die Gäste im Sterne-Restaurant, desweiteren die kleinen Gimmicks sowie das Ambiente und die Sauberkeit. Vielleicht war der eigentliche Koch heute krank, oder die Putzfrau machte ein Praktikum in der Küche, wer weiß ….




Fazit:
Der Grauburgunder schmeckte gut, erfrischte auf der ganzen Linie, schlug aber gleich mit 8,50 (für 0,2) zu buche, so dass wir am Schluß mit 2 Espresso (gingen nicht aufs Haus) mit knappen 100 Euro weniger die Weiterreise nach Durbach antraten. Ganz schön viel für das Erlebte, finde ich. Dennoch eine Empfehlung, schließlich verließen wir das Bistro gut gesättigt, ohne ein Völlegefühl zu haben.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


Jens und 20 andere finden diese Bewertung hilfreich.

DerBorgfelder und 20 andere finden diese Bewertung gut geschrieben.