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Hier erwartet den weltoffen eingestellten Kostgänger kein calvinistisches Exerzitium der reinen Regionalität, sondern eine kreative Landhausküche, bei der lokale Produkte gerne mit solchen, die eine weitere Anreise hinter sich haben, klug kombiniert werden. Dabei spielt auch das saisonale Angebot eine bedeutende Rolle. Kurzum: Martin Gehrleins Teller überzeugen nicht nur durch ihre raffinierte Bodenständigkeit sondern auch durch eine gehörige Portion Abwechslung.
Über die konstant hohe Qualität der Speisen habe ich ja bereits mehrfach berichtet. Auch dass man diese zu äußerst moderaten Preisen offeriert bekommt, dürfte kein Geheimnis mehr sein. Am überschaubaren, mit Bedacht zusammengestellten Speisenangebot hat sich nur wenig geändert. Es kam mir im Gegensatz zu früher etwas reduzierter vor und stellte mich dennoch vor die Qual der Wahl.
Wir saßen drinnen und genossen die gepflegte, holzvertäfelte Gastlichkeit, die eine wohltuend familiäre Atmosphäre ausstrahlte.
Innenansicht Hardtwald
Für unsere Kleine wurde gleich ein Kinderstuhl gebracht, was sie natürlich nicht davon abhielt, sich später den Ort des Geschehens krabbelnd zu erschließen.
Die Servicedamen im Dirndl wurden an diesem Tag von Martin Gehrleins Sohn unterstützt. In einem Familienbetrieb hilft man sich eben. Die Dame, die uns an diesem Mittag primär bediente, kenne ich schon seit vielen Jahren. Sie macht das immer ganz hervorragend und umsorgt die Gäste sehr professionell. Zeit für ein kleinen Plausch ist dann auch immer. Besonders freute sie sich diesmal, unser Töchterchen mal „live“ zu erleben.
Dann wurde der Speisenzettel im DIN-A4-Format studiert. Elf Vorspeisen und nahezu gleichviele Hauptgerichte waren darauf gelistet. Ausnahmslos alles klang äußerst reizvoll und wäre definitiv eine Bestellung wert gewesen.
Der Erbsen-Cappuccino mit Zanderspießchen lachte mich an. Auch das geschmorte Lammhäxle mit Krapfen und Essigbeeren klang vielversprechend. Von den legendären Lachsmaultäschle – einem echten Gehrlein’schen Dauerbrenner auf der Karte – ganz zu schweigen.
Das Rennen machten dann aber die hausgemachten Sepianudeln mit gegrilltem Pulpo (13 Euro) – ganz meinem Faible für die zarten Früchte des Meeres entsprechend. Meine Frau mochte es dagegen etwas schlichter und wählte den kleinen Sommersalat mit Radieschen, Kresse und Croutons (7 Euro).
Auch bei den Hauptgerichten fiel uns die Entscheidung nicht gerade leicht. An den Signaturtellern des Hauses, wie beispielsweise dem panierten Zander oder dem rosa gebratenen Rumpsteak, bleibe ich nur allzu gerne hängen.
Diesmal lockte Gehrleins gut aufgestelltes Schuppentierrepertoire mit Steinbutt aus der Nordsee, auf der Haut gebratenem Zander mit Kräuterrisotto und einer BBQ-Meerforelle, die letztlich meinen Zuschlag erhielt, kam sie mir doch am sommerlichsten vor.
Die zu den Lachsfischen zählende, ihrem großen Bruder, dem Lachs, zum Verwechseln ähnlich sehende Meerforelle im BBQ-Look (26 Euro) wurde von Erbsen, Zuckerschoten und Mais begleitet. Als Beilage fungierten zarte Risolé-Kartoffeln.
Meine Frau entschied sich überraschenderweise nicht für einen der beiden Veggie-Teller (Kräuterrisotto bzw. neue Pfälzer Kartoffel mit Quark), sondern wandelte lieber auf fleischernen Pfaden, indem sie die sous-vide gegarte Schulter vom Strohschwein mit hausgemachten Knöpfle (19 Euro) wählte.
Bei den Getränken blieben wir ganz brav beim Mineralwasser, das in der 0,5l-Version mit vertretbaren 4,50 Euro zu Buche schlug.
Den Anfang machte der mit einem säuerlich-milden, tadellos abgeschmeckten Joghurtdressing angemachte Sommersalat. Ein knackig frischer Auftakt, der meine Frau begeisterte.
Sommersalat
Meine im tiefen Porzellan angerichteten Spiralnudeln standen nicht nur farblich ganz im Zeichen des Kopffüßers. Den Umgang mit der Nudelmaschine hat der gewiefte Neupotzer Pasta-Pate mittlerweile perfektioniert. Die Fusilli waren auf den Punkt al dente gegart und wurden lediglich von einer Tomaten-Espuma, etwas geriebenem Parmesan, Butter und Olivenöl geschmacklich unterfüttert.
Selbstgemachte Sepianudeln mit Pulpo
Der von hoher Produktqualität kündende, handgeschlagene (nicht getrommelte!) Pulpo aus dem fernen Griechenland thronte in Form dreier saftiger Stücke zusammen mit ein paar frischen Beigaben (Kapernapfel, Cocktailtomate etc.) auf dem Tellerrand und flankierte so das mit seiner Tinte gefärbte Nudelnest.
Pulpo im Detail
Da griff alles in sommerlicher Leichtigkeit ineinander. Die feinen Aromen der handwerklich einwandfrei aufs Porzellan gebrachten Pasta rückten den makellos gegrillten Protagonisten oben auf dem Rang ins rechte Licht. Frische und Säure hielten sich dabei gut die Waage. Eine sehr charmante, wunderbar ausbalancierte Vorspeise, bei der die Küche ihr Können aufblitzen ließ.
Man ließ uns auf die Hauptgerichte nicht so lange warten, da es mit dem entspannten Sitzen im hölzernen Kinderthron nicht so weit her war und unsere kleine „Hardtwaldkrabblerin" regelmäßig eingefangen werden musste.
Auf der Keramik meiner Frau hatten es sich drei stattliche Stücke von der Strohschweinschulter auf einem weichen Bett aus Süßkartoffelpüree bequem gemacht.
Schulter vom Strohschwein
So ein Strohschwein darf ja etwas länger leben als das gemeine Haus- und Mastschwein und genießt durch seinen Freilauf bzw. das Stroh im Stall sicherlich etwas bessere Lebensumstände. Martin Gehrlein bezieht es von der regional geschätzten Metzgerei Scherer aus dem nicht weit entfernten Örtchen Hatzenbühl.
Das laut Chefkoch Gehrlein meist „in die Bratwurst wandernde“ Mittelstück von der Schweineschulter wurde im Vakuumbeutel sous-vide gegart und vor dem Servieren mit ein wenig Kartoffelasche und Rauchsalz bestreut, um ihm etwas Grillaroma zu verleihen. So zubereitet, konnte es seine Produktstärke voll ausspielen.
Neben dem gut abgeschmeckten Süßkartoffelstambes komplettierten ein paar noch leicht knackige Wurzeln (Karotte und Petersilienwurzel) aus dem Dampfgarer, eine Ofentomate sowie eine ansehnliche Pfütze Jus den in sich stimmigen Teller. Die à part gereichten Knöpfle wurden kurz zuvor zusammen mit ein paar Kräutern in der Pfanne geschwenkt, was den hausgemachten Teigwaren guttat.
Hausgemachte Spätzle
Das war alles ganz nach dem Gusto meiner Frau, die sich mit Lob nicht zurückhielt.
Und dann war da ja auch noch meine BBQ-Meerforelle. Die machte optisch bereits einiges her.
BBQ-Meerforelle
Das saftige, rotfleischige Filet lag in zwei Teilen übereinandergeschichtet auf einem Hügel Erbsenpüree und wurde von kurz in Butter geschwenktem Gemüse (Mais, Erbsen, rote Zwiebeln und Zuckerschotenstreifen) harmonisch eingefangen. Ein wenig aufgeschäumte Fischvelouté machte das Ganze noch süffiger und steuerte zusätzliche Würze bei.
BBQ-Meerforelle
Besonders schmackhaft war die auf Sauerkirschenbasis zubereitete BBQ-Marinade, mit der die Forelle nach ihrem lediglich 40 Grad warmen Ofenaufenthalt bestrichen wurde. Dass sie vor dem langsamen Garprozess noch ein paar Minuten in 10%-iger Salzlake verharrte, tat ihrem Geschmack übrigens sehr gut. Die dazu gereichten Risolé-Kartoffeln erwiesen sich als passende Sättigungsbegleiter.
Risolé-Kartoffeln
Wieder ein handwerklich sehr gut gemachter Teller, der zur warmen Jahreszeit wunderbar passte, da er den frühsommerlichen Gemüsegarten ausgesprochen dekorativ zur Geltung brachte. Und das alles ohne dem butterzarten Forellenfilet die Schau zu stehlen. Kompliment, Herr Gehrlein, das hatte Klasse und reichlich Raffinement.
Zu jeweils einer Nocke vom cremig-milden Sauerrahmeis (3,80 Euro) ließen wir uns gerne hinreißen, gehört es doch zu unseren langjährigen Dessertfavoriten im Hardtwald.
Gehrleins Sauerrahmeis...legendär!
Ein erfrischender, dezent säuerlicher Abschluss eines Mittagessens, bei dem mal wieder alles stimmte.
Neben dem Hubertushof in Ilbesheim, der Weinstube Brand in Frankweiler und natürlich der besternten Krone zu Neupotz gehört der Hardtwald der Familie Gehrlein sicherlich mit zu dem Besten, was die Südpfalz kulinarisch zu bieten hat. Wie kommentierte einst ein bekannter Gastrosoph aus dem hohen Norden einen meiner früheren Berichte: „Zum Gehrlein kehrt ihr gern ein!“. Wie Recht er damit hat. Dem kann ich nur noch hinzufügen: „Viel zu selten!“.