Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Das Restaurant befindet sich etwas zurück gesetzt in einem Fachwerkhaus an einer dörflichen Durchgangsstraße. Da es Bindfäden regnete, konnten wir den Außenbereich nicht nutzen. In der Diele war der Platz durch die Theke eingeschränkt, so dass die unterschiedlich großen Tische kreativ verteilt waren. Die Abstände waren dementsprechend nicht groß, aber erträglich. Im Nebenraum und der größeren 1. Etage waren wir nicht. Die Toiletten waren etwas angenähert, aber ausgesprochen sauber und frisch, was den Gesamteindruck bestätigt. Im Hauptraum hatten einige durchbrochene Zwischenwände und die niedrige Decke des Bauernhauses den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass sich die Geräusche nicht verstärkten, sondern überlagerten. Trotz des Stimmengewirrs war es möglich in vernünftiger Lautstärke ein Gespräch zu führen und man hatte nicht das Gefühl, dass der Nachbar mithört. Das Fachwerk kontrastierte mit den vollständig eingedeckten Tischen, auf denen über der weißen Tischdecke noch im 90-Grad-Winkel eine in altrosa ausgebreitet war. Das rustikale Ambiente, die edlen Tischwaren und das Stimmengewirr schufen eine angenehme, lebendige Atmosphäre, wie geschaffen für ein gehobenes italienisches Restaurant.
Gefahren drohen für solche Etablissements aus zwei Richtungen: lokale Möchtegern-Prominenz und arrogante Bedienungen (z.B Silvano in Wunstorf). Beide Risiken bestanden an diesem Abend im da Piero nicht. Das Publikum bestand außer uns drei Business-men aus diversen Paaren unterschiedlichen Alters. Besonderes Gewese hat keiner um sich gemacht. Natürlich wurden Stammgäste herzlich begrüßt, es ist ein italienisches Lokal! Aber ohne Chi Chi und auch nicht in einer Lautstärke, die die Aufmerksamkeit des ganzen Ladens auf sich zieht (und genau das ist ja auch die Absicht).
Der Service wurde meistenteils durch einen stattlichen Herrn mindestens mittleren Alters versehen. Professionell-höflich wurde angeboten, serviert, nachgefragt und auch aufmerksam (umsatzfördernd) nachgeschenkt. Dass dafür über den Tisch gelangt werden musste, war den räumlichen Gegebenheiten geschuldet. Die leise geäußerte Kritik am Hauptgericht nahm er allerdings weitgehend ungerührt zur Kenntnis. Da ich eingeladen war, kann nicht sagen, ob bei der Rechnung Zugeständnisse gemacht wurden; ich denke nicht. Essig und Öl und die Macho-Mühlen standen bereits auf allen Tischen. Etwas auffällig war, dass wir beim Wein ein "Missverständnis" hatten. Ich fragte nach einem Sauvignon aus dem Collio, der Ober bejahte und brachte eine Flasche vom Isonzo. Beides Gebiete in der Region Friaul, ja, und auch der Wein selbst war klar, dabei wunderbar rund und schmeckte sowohl zur Vor- als auch zur Hauptspeise. Trotzdem sind die Böden verschieden und man kann ja einen kurzen Hinweis geben, versuchen, den Gast zu überzeugen oder ihm eben die Wahl lassen. Ausgebügelt wurde dieser leichte Patzer durch eine ausführliche Verprobung der Dessertweine. Auch hier erschloss sich mir aber der erste, sehr fruchtig-schwere Vorschlag zu einem Pistazieneis nicht. Der sehr junge Mann, der beim Auftragen half, wächst offensichtlich in die Serviceaufgaben hinein und bleibt daher außerhalb der Konkurrenz. Ich sehe den Service bei professionellen 4 Sternen.
Wir wählten das Wochen-Menü, das jeweils auf der Homepage aktuell eingesehen werden kann.
Zunächst Burratina mit Kirschtomaten, Basilikum und kampanischen Landschinken.
Als Pasta Tagliatini mit frischen Steinpilzen.
Hauptgang Wolfsbarschfilets mit Mangold, Tomatensauce und Kartoffeln.
Drei Gänge kosten 34€, vier werden mit 42€ berechnet.
Zunächst erhielten wir jedoch reichlich frisches Ciabatta mit unglaublich krosser Kruste. Allein das Geräusch ein Genuss. Zusammen mit dem toskanischen Olivenöl und etwas gemahlenem Salz ein ebenso einfacher wie netter Auftakt.
Was ohne Weiteres auch für die Vorspeise gilt. Der Kuhmilchverwandte des Mozzarella - derzeit ein Shooting-star der gehobenen Küche - kam als ein gar nicht so kleines Säckchen auf den Teller, wie die Verkleinerungsform das hätte erwarten lassen. Die Konsistenz der Füllung war weniger cremig, als ich sie in Erinnerung hatte. Eher wie ein körniger Frischkäse, der Burrata ja auch ist, aber eben nicht hundertprozentig nach meinem Gusto. Geschmacklich jedoch tadellos, leicht säuerlich-frisch, aber eben auch sahnig. Das Wow des Tellers waren jedoch die Kirschtomaten, die ihr ganzes Sommeraroma mit Süße und einer nur leichten fruchtigen Säure anboten. Zusammen mit den hübschen Basilikumblättern eine schöne Caprese-Variante, die durch den Schinken eine rustikale Ergänzung erfuhr. Hier ging die Bewertung am Tisch etwas auseinander. Teilweise wurde mehr Geschmack erwartet. Ich war dagegen ganz froh, dass die Aromen von Käse und Tomaten nicht völlig zugedeckt wurden. Von mir daher 4,5 Sterne für die Vorspeise.
Wie auch für die Tagliatini, die von Produktqualität und sauberer Ausführung lebten. Die Steinpilze waren reichlich, nicht zu große Exemplare, nur leicht angebraten, daher noch mit guter Struktur, und erstklassigem Geschmack. Auch zum Gargrad von Nudeln gehen die Vorlieben bekanntlich von weich bis con cuore auseinander; mir war's gerade recht. Zurückhaltend ein paar Kräuter, ganz leicht mit Sahne abgezogen, frischen Pfeffer drüber, ein perfekter Gang zum herbstlichen Wetter an diesem Abend. Ebenfalls 4,5.
Nach passender Zeit für Gespräche wurde der Fisch serviert. Das Filet war zu einer Röhre aufgedreht, aufgestellt und mit Mangold(stielen) gefüllt worden. Dann etwas geschmacklich nicht zu identifierenden Käse darüber und gebacken. Das ganze schaute sehr trocken aus. War der Fisch zum Glück noch nicht, wenn auch gut durch. Geschmacklich war das Erlebnis eher neutral. Enttäuschend, aber mehr noch die recht schlichte Tomaten-Paprika-Oliven-Komposition, die einfach viel zu sauer war. Solo probiert kein Genuss, tötete sie den eh schon flachen Fisch. Aber vermutlich war die Sauce auch eher zur Anfeuchtung der ausgetrockneten Ofenkartoffeln gedacht, denen zudem fast jedes Röstaroma abging. Das kann mindestens jeder zweite Vorstadt-Italiener besser. Für den Anspruch des da Piero indiskutabel. 2,5 Sterne.
Dementsprechend machte sich Enttäuschung breit, die meine Braunschweiger Gastgeber sogleich bekämpfen wollten. Ein Dessert musste her. Während ein Teilnehmer unserer Runde auf Erdbeeren mit Sahne in Blätterteig setzte, orderte eine Zweier-Fraktion ein Pistazienparfait. Beides konnte überzeugen. Nur von einigen Früchten und einer wohl hausgemachten Sauce mit leichten Zitrusnoten begleitet, war die Cremigkeit gut und der Geschmack durch reichlich Pistazienstücke unerwartet intensiv. Außerdem gab's dadurch etwas zu kauen, was der norddeutsche Mann ja liebt (lt. Schokoladenverkaufs-Statistik: Ganze Haselnüsse! Die durchschnittliche süddeutsche Frau schätzt dagegen Nougat und Noisette.)
Bei der Präsentation war noch Luft nach oben, was auch für alle Teller galt. 3,5 Sterne.
Insgesamt reicht es beim Essen, auch unter Einbeziehung von Brot und Wein für ganz knappe 4 Sterne.
Das PLV für das Menü sehe ich knapp darunter.
Fazit: Ich hatte den Eindruck, dass sich Küche und Service etwas zu sehr auf ihren Lorbeeren ausruhen. Bei größerer Konzentration würden sicher auch wieder rundum überzeugende Ergebnisse möglich sein. Eine Empfehlung bleibt das da Piero aber ohne Weiteres.