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Wer in Bad Kissingen weilt, hat dafür in der Regel gute Gründe, der Glanz und Prunk ehemaliger Blütezeiten ist zwar im Stadtbild noch gut erkennbar, siehe Wandelhalle und Umfeld des Brunnens, manche Winkel des Örtchens zeugen allerdings nur zu deutlich von einem Verblassen dieser Ära.
Als feststand, dass mich im Winter 2014 eine 8-wöchige Kur ausgerechnet hier hin verschlagen würde, hielt sich meine Begeisterung daher in recht deutlichen Grenzen.
Im Nachhinein jedoch muss ich sagen, dass ich Unterfranken und die Rhön regelrecht liebgewonnen habe – und wie immer gilt, das die Liebe durch den Magen geht, lange lebe Presssack und Kümmelbrot!
Meine „Kur-Anstalt“ konnte zwar gottlob mit einer exzellenten Küche aufwarten, nur tendenziell immer recht gesundheitsorientiert, ab und an musste daher ein kleiner Exkurs mit genussorientierten Mitstreitern her, mindestens 2x wöchentlich ging es daher ins wilde Kissinger Nachtleben (…).
Zumindest in Sachen „Anfahrt“ punktete Kissingen hierbei immer, die Stadt ist dermaßen überschaubar, dass man selbst mit dem Rollator ziemlich alles fußläufig erreichen könnte, was Scharen rüstiger Pensionäre täglich eindrucksvoll bewiesen, Kissingen ist die Welthauptstadt der Rollatoren!
Das Restaurant Légère ist Slow Food Mitglied, liegt unmittelbar am gut gepflegten und landschaftsgärtnerisch gelungen gestalteten Kurpark, die Saale fließt einige Meter entfernt, gediegene Grand-Hotel Fassaden in der Nachbarschaft, eine schöne und ruhige Wohnstraße.
Das Lokal ist unmittelbar einem kleinen Hotel, dem "Haus Hohenzollern", angegliedert, das Gebäude wirkt einladend und gepflegt, innen empfängt einen eher konservative fränkische Gemütlichkeit mit warmen Holztönen und weiß gestärkten Tischtüchern. „Da wirkt der „legere“ Name des Restaurants etwas bemüht“, ist man beim ersten Besuch verleitet zu urteilen.
Ich muss an dieser Stelle dazu sagen, dass ich insgesamt vier oder fünf Mal im Légère war, mein Bericht ist daher eher als Resümee dieser Besuche zu betrachten.
Die telefonische Reservierung war in jedem Falle freundlich und problemlos zu nennen, der gewünschte Tisch ward jeweils verlässlich reserviert und einladend eingedeckt.
Den Service erledigte entweder eine muntere, stämmige Dame in den späten Vierzigern, die man aufgrund ihrer burschikosen Redseligkeit in die Sparte „fränkisches Original“ einordnen kann, oder ein in Ehren ergrauter, nicht minder sympathischer Mittsechziger in klassischer schwarz-weißer Kellnertracht mit Weste.
Der Koch und Pächter Klaus Brückner ist mir in dieser Zeit fast schon ans Herz gewachsen, er ließ es sich nicht nehmen, jedes Mal an den Tisch zu kommen, die Bestellungen entgegenzunehmen, Empfehlungen auszusprechen oder Sonderwünsche zu besprechen.
Wenn hierbei eines klar wurde, dann dass hier jemand seinen Beruf als Berufung sieht, das Fachsimpeln über regionale Köstlichkeiten machte ihm viel Freude, er freute sich sehr über Interesse an seiner Küche, ein Vollblut-Koch und –Gastronom.
Da ich nicht über ein Essen im speziellen berichte, ist in Sachen Getränke nur anzumerken, dass es hier u.a. hervorragendes, regionales Bier vom Fass gibt (Franken ist Deutschlands Bier-Region Nummer 1 was Vielfalt angeht), aber auch eine schöne Auswahl von fränkischen Weinen, die Reben Silvaner und Domina blieben in bester Erinnerung.
Eine Auswahl der verkosteten Gerichte (manches habe ich gleich mehrfach gewählt), die preisliche Bandbreite zwischen 8 und 22 Euro:
Fisch-Suppe (Vorspeisen Portion)
Serviert in einer aparten Suppenschüssel aus halb-transparentem Glas, verführerisch nach Safran und etwas Weinbrand duftend kam die Suppe auf den Tisch, begleitet von knusprigem, frischem Baguette.
Der Geschmack stand den olfaktorischen Eindrücken in nichts nach, kräftiger Fond, etwas Knoblauch, ein perfekt abgeschmeckter Gesamteindruck, trotz dem Dank der Sahne etwas „cremigen“ visuellen Ersteindrucks.
Die Einlage bestand aus drei glasig gegarten großen Gambas und Venusmuscheln, das Gericht wurde begeistert verspeist und die leere Terrine mit Lob in die Küche komplimentiert.
Leberknödel-Suppe
Erinnerungen an alpine Ski-Urlaube der Kindheit wurden wach, tatsächlich habe ich solch eine gute Leberknödelsuppe seit damals nicht mehr essen dürfen. Voller Substanz die Brühe, fluffig und köstlich der ebenfalls hausgemachte Kloß, zu dieser Jahreszeit eine herrliche Vorspeise die ich Löffel für Löffel genossen habe.
200 Gramm Rumpsteak
Die Steaks werden im mittlerweile üblichen „Baukasten-System“ angeboten, Saucen, Beilagen und Salate werden separat deklariert und bestellt.
Ich entschied mich zu Gunsten von Vorspeise und Nachtisch zwei Mal für die kleinere 200 Gramm Variante, beide Male mit Brandy-Sauce, einmal mit Steakhouse-Pommes, das andere Mal mit Bratkartoffeln, jeweils mit dem hervorragenden, frischen Beilagensalat (Kraut, Kraus, Möhre, Gurke, Tomate, Paprika) mit hausgemachter Vinaigrette.
Das Fleisch medium-rare auf den Punkt mit schönen Röstaromen, die Weinbrand-Sauce ein kalorienintensiver, geschmacklich runder Traum - zum rückblickenden, seligen Träumen verleitete beim Betrachten der Bilder soeben auch die hausgemachte Kräuterbutter.
Sehr schmackhaft auch die grob zerstoßene, hochwertige Pfeffermischung (u.a. Tellicherry) auf dem Fleisch!
Die Bratkartoffeln und formattechnisch wuchtigen Steakhouse-Pommes waren auch ohne Tadel, besonders erstere überzeugten wiederum mit grundsolider Machart, eine Wohltat bei dem Terror am Buffet, den die zu Recht gefürchteten Vollwert-Tage meiner Kurstätte mit sich brachten.
Schweine Rückensteaks in Dunkelbiersauce
Mein absoluter Favorit, habe es mindestens dreimal regelrecht verschlungen und wurde schon beim Betrachten der Bilder wehmütig.
Die Sauce wird à la minute zubereitet, der Koch zapft sich hierzu zunächst etwas frisches Dunkelbier am Tresen bzw. lässt es sich bringen, das konnte ich gleich mehrfach beobachten und steigerte beim ersten Mal meine Vorfreude.
Das zarte regionale Schweinesteak wird von leicht kross gebratenem, köstlichem Bauchspeck begleitet und wird in einem Meer von Sauce serviert, optisch nichts für Freunde pittoresker Sterneküche, für Freunde ehrlicher, guter Landküche eine Offenbarung.
Ich will nicht zu sehr übertreiben, aber das war grandios lecker, diese einfache, aus dem Bratensatz gezogene, mit Sahne und Bier verfeinerte Sauce mit leichter Kümmelnote war handwerklich einfach tadellos.
Auf meinen Wunsch hin wurde die Sauce bei meinen Wiederholungstaten mit etwas Chili verschärft, nur so viel, dass eine neue Note hinzukam, „das passe sehr gut und werde er gerne machen“ ließ mich der freundliche Koch wissen.
Da ich mich mittlerweile in einigen kulinarischen Small-Talks mit ihm ausgetauscht hatte und er anscheinend ein gutes Personengedächtnis hat, wurde mir bisweilen die Freude einer besonderen Aufmerksamkeit zuteil. So fragte er mich bspw. beim zweiten Bestellen des Gerichtes, ob er ein neues Würzöl aus regionaler Produktion bei meinen Bratkartoffeln nehmen dürfte, er wäre sehr an meiner Meinung interessiert.
Das Würzöl – wir sind schließlich in Franken – war ein Kümmelöl und trotz Skepsis ob einer wo möglichen Überdosis dessen war der Geschmack hervorragend und stimmig, mein ehrliches, subjektives Urteil freute ihn sichtlich.
Der Preis des mich so beglückenden Gerichtes liegt übrigens bei knapp unter 10 Euro, dafür bekommt man hier in der Gegend (Bergisches Land) mit Glück ein frittiertes Schnitzel an der Frittenbude, und das garantiert NICHT von glücklichen Schweinen…
Vanilleeis mit heißen Waldbeeren
Hausgemachtes Eis, dazu ein warmer Kompott aus Heidelbeeren, Brombeeren und Johannisbeeren, frisch geschlagene Sahne, obenauf Krokant.
Sicherlich nicht gerade ein Aushängeschild in Sachen Kreativität, dafür ein ausnehmend befriedigendes Dessert aus der Abteilung „Hüftgoldgarantie“.
Was soll man hierzu schreiben? Das bewährte Spiel von Süße und Säure von Eis und der gottlob nicht überzuckerten, hervorragenden, aromatischen Früchte? Die in ihrer Konsistenz an Clotted Cream erinnernde schwere Sahne loben, oder doch lieber das cremige Eis?
Ich habe es genossen, auch wenn es so viel war, das ich es mir teilen musste. Ist das Kritik? Nein, sicher nicht! :-)
Nach dem Essen half mir jeweils eine Verdauungsrunde im Kurpark, in einem Zustand, in dem der Bedarf eines Rollators gar nicht mehr so abwegig schien, hungrig hat dieses Lokal so schnell niemand verlassen, so viel ist sicher.
Fazit
Hier wird Slow-Food gelebt und gekocht, es ist kein Credo, dessen Umsetzung mit dem Aufkleber auf der Türe endet, wie bei manchen Mitbewerbern der Fall.
Trotz der überaus günstigen Preise klagte der Pächter darüber, dass angesichts der sehr preis-sensiblen Einheimischen unter der Woche oft wenig zu tun sei, in Franken zähle oft nur der Preis und nicht die Qualität, eine Schande.
Die Küche hat mich durchweg überzeugt, alles ehrlich und solide mit viel Geschmack, Schummel-Convenience konnte ich in keinem Detail erkennen oder –schmecken.
Das Ambiente und der Service bodenständig und gepflegt, man kann sich wohlfühlen und wird aufmerksam bedient, ein Gefühl des Willkommen-Seins machte sich breit.
Die Sauberkeit ohne Tadel, das PLV auch angesichts der günstigen fränkischen Preise herausragend, schämt Euch Bad Kissinger, sofort mehr hingehen, das ist ein Befehl! :-)
Nach Küchenreise eine klare 5, leider nicht gerade um die Ecke!
Meine Kissingen Reihe geht weiter, freut Euch schon mal auf das Kasino-Restaurant „Jeton“, das ist noch mal eine deutliche Steigerung!