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Knapp 12 m², eingedeckt für 10 Personen, sagen eigentlich alles. Die Breite der nackten Holztische liegt bei 42 cm.
Speisekarte
In Wehmut denke ich auch zurück an den großen zum Haus gehörenden Parkplatz bei Hardy auf Sylt. Hier dagegen bleibt es dem Zufall überlassen, ob man etwas in einer der umliegenden Straßen findet. In den engen Straßen des alten Kapitänsdorfes Keitum ist das mitunter sehr schwierig und verleitet zu sehr großzügiger Auslegung von Verkehrsregeln.
Begrüßt wurden wir an der Theke und im Wege stehend. Ständig drängten in die völlig offene Küche wieselnde Servicemitarbeiter an uns vorbei. Immerhin wurde unsere Reservierung gefunden, und es wurde uns ein Hochtisch mit Barhockern im Hauptgastrum angeboten oder ein Tisch im Nebenraum. Wir haben Genußprobleme in Schnellimbissposition. Somit führte man uns in den oben beschriebenen Nebenraum mit den Minitischen. An der Wandseite eine lange dunkelrot mit Kunstleder bezogene durchgehende Bank (mit eng angelegten Ellbogen könnten da bestimmt auch acht Menschen Platz finden). Auf der Bedienungsseite standen fünf schwarz lackierte Holzstühle mit dünn gepolsterter cognacfarbener Sitzfläche. Unsere Füße standen auf einem Dielenboden.
Wandbild und meine Frau
Noch beim Hinsetzen bestellte ich zwei Gläser Champagner weiß (wie sollte es anders sein?). Hier hat man sich den Inselgepflgenheiten angepasst und serviert gut gekühlt im feinen Glas Alfred Gratien für bescheidene 9,50 Euro. Alles ist hier etwas günstiger als in der etablierten Inselgsatronomie.
Zusätzlich zur Speisekarte wurden uns drei Gerichte angeboten, Dorsch in Senfoße, Steinbeißer und Rostbraten aus dem Roastbeef. Letzteren wählte ich als Hauptgericht (27,50). Meine Frau nahm das 220-Gramm Rumpsteak „Café de Paris“ (29.-). Unsere Vorspeisen bestanden aus einer exzellenten Galloway-Brühe mit nicht störenden Einlagen für meine Frau (8.-) und für mich Garnelen al ajillo, die glühend heiß und hervorragend gegart im Knoblauchsud schwimmend serviert wurden (13,50).
Garnelen al ajillo
Eine Flasche Gerolsteiner medium (6,80) bestellten wir noch und für später ein Glas Künstler-Riesling (8.-/0,2) und ein alkloses Erdinger Weißbier (5.-). Ein kleines Körbchen mit vier knusprig warmen Baguettescheiben und ein Töpfchen Knoblauch-Mayonnaise wurde zusätzlich auf den Minitisch gestellt. Alles musste von der offenen Seite aus serviert werden, weil es schwierig gewesen wäre, sich zwischen zwei Tischen hindurch zu drängeln. Zum Glück war der Tisch zu meiner Linken unbesetzt, so dass dort die Wasserflasche Platz finden konnte. Insgesamt war es brechend voll. Im Außenbereich geht es großzügiger zu. Aber hier werden keine Reservierungen angenommen. 10 km Fahrt für ein Glücksspiel sind uns etwas zu weit.
Weißbrot/Knoblauchmayonnaise
Als nächstes gelangten unsere Beilagensalate auf unseren Tisch. Er war (wie es hier ja von vielen erwartet wird) eisbergslatfrei und bestand aus Lollo rosso und lollo verde, Möhrenraspeln, Weißkohlraspeln und Salatgurkenscheiben. Das Dressing war mildsauer und wie der ganze Salat ein wenig belanglos. Die Frische war untadelig. Da Lollo sich gut komprimieren lässt, landeten die beiden nicht zerrupften Blätter kleckerfrei in meinen Mund.
Beilagensalat
Unsere Haupgerichte kamen. Das Rumpsteak meiner Frau wurde neben dem Tisch von der Backform auf einen Teller gelegt und mit der Café de Paris-Soße überzogen. Dass Emulsionen bei hoher Hitze gerinnen, ist eigentlich klar. So war es also auch. Hätte der Kritikerkoffer hier Platz gefunden, hätte der mit 20.000 Touren rotierende Milchquirl zum Einsatz kommen müssen. So aber vereinigten sich die Fettanteile zu dicken Tropfen uns schließlich zu einem Ölsee. Der vorher abgefragte Gargrad war mit medium perfekt getroffen. Das Fleisch war absolut sehnenfrei pariert. Wie ich beim Essen eines Steakrestes von meiner Frau bemerkte, waren meine Schneidezähne wesentlich schärfer als die Messer – schwer zu schneiden, butterzart beim Kauen.
Rostbraten/Pfifferlinge
Meine dünnen Roastbeef-Rostbraten-Scheiben waren komplett mit gut entsandeten Pfifferlingen in einer schmackhaften Rahmsoße bedeckt. Für uns gemeinsam (mehr Platz wäre auch nicht gewesen) gab es ein Schüsselchen mit Bratkartoffeln. Bei diesen fehlte es sehr an Sorgfalt bei der Zubereitung (völlig unterschiedlich gebräunt, Speck verklumpt). Sie schmeckten aber ganz ordentlich.
Gemeinsame Bratkartoffeln
Mit unseren Nachbarn zu meiner Rechten kamen wir schnell in ein intensives und unterhaltsames Gespräch. Es waren zwei Berliner, ein Internist und ein Psychotherapeut. Sie outeten sich als langjährige Gäste in der Küchenkate und berichteten, dass die Speisenqualität sich kontinuierlich vom Schnellimbissniveau nach oben entwickelt habe.
Meiner Frau war durch die zersetzte Soße gründlich der Appetit vergangen, so dass ein Stück vom Steak für mich abfiel und der Wunsch nach einem Dessert gar nicht erst entstand.
Bezahlen konnten wir am Tisch per EC-Karte mit Geheimzahl. Beim Verlassen des Restaurants fragten wir noch nach einer Reservierung draußen in der nächsten Woche und standen dabei wieder massiv im Weg der recht zahlreichen Servicekräfte. Da nun aber keine Reservierung für draußen angenommen werden, werden wir wohl keine zweite Chance einräumen können.
Auf der Rückfahrt riefen wir uns noch einmal die Rechnungen aus dem Fährhaus im Vergleich zur Küchenkate in Erinnerung und kamen zu dem Schluss, dass dreißig Euro Differenz zu wenig waren, um die Einschränkungen der Küchenkate künftig in Kauf zu nehmen.