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Wie viele andere Weinstuben auch, haben die Dycks nur von Donnerstag bis Sonntag geöffnet. Eine kleine Radtour sollte uns am letzten Sonntagabend mal wieder dort vorbeiführen. Eine Woche vorher tobte ja in Mühlhofen der Bär beim alljährlichen Top-Event, dem überregional bekannten Weinfest in den Winzerhöfen. Als wir nun vor dem verschlossenen Holztor standen und die Worte „kleine Sommerpause“ auf dem daran festgemachten Zettel lasen, war uns klar, dass sich die Winzerfamilie eine wohlverdiente Auszeit nach dem Weinfest gegönnt hatte. Unser Speiseziel musste kurzerhand umdisponiert werden.
Mir kam sofort der „Schneiderfritz“, direkt an der Billigheimer Hauptstraße gelegen und keine fünf Minuten Fahrzeit entfernt, in den Sinn. Auch das ein alteingesessenes Familienunternehmen, das neben dem Weingut, eine rustikale Weinstube unterhält. Diese ist allerdings nur am Wochenende geöffnet. Es war an diesem Sonntagabend schon kurz nach acht Uhr als wir zum ersten Mal den gut gefüllten Innenhof der Weinwirtschaft Scheiderfritz betraten. Bis auf einen Tisch war alles belegt. Dieser war noch nicht abgeräumt, was mich dazu veranlasste in die Gaststube zu gehen, um dort beim Service nachzufragen, ob denn draußen noch Platz wäre. Der etwas konfus wirkende junge Mann wusste es anfänglich selbst nicht so genau, gab aber nach Rückfrage grünes Licht.
Was gibt es Schöneres als an einem warmen Sommerabend in einem idyllischen Innenhof zu sitzen? Neben uns plätscherte ein kleiner Brunnen, die große Gesellschaft am Nachbartisch brachte ordentlich Leben ins Lokal. Die restlichen Gäste – vornehmlich Pärchen – saßen verstreut um dieses muntere Treiben. Man reichte uns die Speisen- und Getränkekarten. Angenehm überrascht war ich von der recht großen Auswahl an Aperitifen, was für eine Weinstube eher ungewöhnlich ist. Da lässt es sich doch mit einem Sekt-Holunder (0,1 l für 3,90 Euro), ein mit Riesling-Sekt aufgefüllter Sirup, gut reinkommen. Die obligatorische Flasche Mineralwasser (Gerolsteiner Classic für 3,90 Euro die 0,75 l Flasche) und eine erfrischende Rieslingschorle (der Schoppen für ebenfalls 3,90 Euro) bildeten die Flüssigkeitsgrundlage dieses Abends. Klar war Versuchung groß, ein oder zwei Gläschen von den gutseigenen Weinen – vor allem die der „Schwarzen Linie“, welche die Qualitätsspitze darstellte – zu probieren. Besonders die Weißburgunder Spätlese aus der Billigheimer Lage „Venusbuckel“ hätte ich gerne probiert. Aber Wein und Radfahren verträgt sich eben nur in geringer Dosierung, weshalb ich mich in Verzicht übte.
Die Speisenauswahl bietet den gängigen Weinstubenstandard unserer Region. Die typische Fleischlast bei der gutbürgerlichen Hausmannskost, daneben ein paar Pfälzer Alltime-Classics. Von der knappen Handvoll an Vorspeisen fielen lediglich die Reh-Cannelloni an Blattsalat (10,50 Euro) etwas aus dem üblichen kulinarischen Rahmen. Der Vegetarier greift dann wohl zu den „Crespelles“ (13,80 Euro), den mit Blattspinat und Frischkäse gefüllten Pfannkuchen, die zusätzlich noch mit Käse überbacken werden. Mir fiel auf, dass bei der Preispolitik etwas die klare Linie fehlte. Wenn ein ordinärer Wurstsalat mit Pommes frites genauso viel kostet wie ein Schweinerückensteak mit derselben Beilage und einem zusätzlichen Salat vom Büffet, nämlich 12,80 Euro, dann wundert man sich schon.
Auf der Tafel vor dem Haus wurde ich schon bei der Ankunft auf den Sonntagsbraten hingewiesen. Der befand sich auch in der Karte und wurde dort mit Burgunderbraten vom Schweinekamm (13,80 Euro) bezeichnet. Dieser Braten wurde angeblich stundenlang im Spätburgunder geschmort und mit Spätzle und Salat angeboten. Das roch ja förmlich schon nach einer delikaten Soße klassischer Prägung. Ich fragte nach, ob denn noch was von dem Braten übrig sei, immerhin hätten wir ja Sonntagabend und der Andrang war ja scheinbar beträchtlich. Der etwas verwirrt wirkende Service-Novize sagte, er würde sofort Bescheid geben, wenn es zu einem Engpass im Bratenbereich kommen würde. Und ja, er gab Bescheid. Wenn auch nicht sofort. Lediglich eine Portion wäre noch im burgunderfähigen Zustand. Die Frau an meiner Seite, die sich nicht minder auf das deftige Fleischgericht freute, switchte kurzerhand um, noch ehe ich auch nur in Reichweite einer Cordon-Bleu-Alternative geriet. Die Salatplatte mit gebratenen Pfifferlingen (12,50 Euro) wurde schlicht mit Essig und Öl anstatt mit Joghurtdressing geordert. Gut, Pfifferlinge stellen nicht gerade die preisgünstigste Zutat eines Salates dar, aber 12,50 Euro war schon eine Ansage. Wir waren gespannt, was der Aushilfskellner uns wohl bringen würde.
Das mit dem Salatholen vom Büffet verriet mir unsere Bedienung erst nach dem Verzehr meines Hauptganges, als ich auf den fehlenden Salat hinwies. Nun gut, vieles lässt sich ja auch in der Pfalz mit einem Schnäpschen aufs Haus regeln. In meinem Falle war es ein Obstbrand der Marke Williams Christ. Doch der Reihe nach. Die kleinen Bratenscheiben kamen in kräftig dunkler Soße schwimmend auf den Tisch. In einem extra Schälchen, die noch leicht wässrigen Spätzle. Die Soße war wundervoll breit und voluminös am Gaumen. Sie hatte bei all ihrer Würze noch diese subtilen Röstaromen, die mit einer leichten Rotweinnote im Abgang zu einem ausgewogenen Mundgefühl führten.
Ganz anders leider das Bratenfleisch selbst. Es stand wohl zur Mittagszeit in seinem texturellen und geschmacklichen Zenit. Am Abend war es leider schon zu trocken und hatte viel Aroma eingebüßt. Aber das hatte ich im Vorfeld meiner Bestellung schon geahnt, weshalb das keine Kritik an der Zubereitung sein soll. Die Spätzle hätte man dagegen etwas sorgsamer abgießen können. Meine Begleitung war mit ihrem Salat sehr zufrieden. Die Pfifferlinge waren kurz angebraten, hatten eine gute Qualität und sorgten mit anständigem Pilzgeschmack für würzige Akzente. Die etwas ausgefallene Kombination von Staudensellerie und Erdnüssen trug zusätzlich zu einem in sich stimmigen Geschmacksbild bei.
Mittlerweile waren wir die einzigen verbliebenen Gäste im Hof. Der an diesem Tag scheinbar völlig überforderte Servierjüngling dachte gar nicht daran, auch nur einen Tisch abzuräumen. So saßen wir sicherlich über eine Stunde mit Blick auf halbleere Gläser und entleerte Wasser- bzw. Bierflaschen. Aber das ist der Preis, den man bei Aushilfskräften häufig zahlt. Und viele Gastronomen sind froh, dass sie überhaupt jemanden haben. In etlichen Restaurants, die ich in letzter Zeit besucht habe, waren Mitarbeiter im Service dringend gesucht.
Dass dann auch noch mein Hauptgericht doppelt gebongt auf meiner Rechnung erschien, bestätigte meinen Eindruck von der nicht vorhandenen Professionalität im Service-Bereich, die jedoch mit ehrlicher Freundlichkeit und jugendlicher Lockerheit ganz gut aufgefangen wurde. Wenn eine Bedienung, die erst 4 Wochen diesen Job aushilfsweise macht, an einem stressigen Sonntag mit großem Andrang gegen Ende hin die Übersicht verliert, so ist das durchaus nachvollziehbar und nicht weiter tragisch. Vorausgesetzt sie steht zu ihren Fehlern und geht konstruktiv damit um. Auf einen zweiten Schnaps aufs Haus (wegen der falschen Rechnung) habe ich dann natürlich nicht bestanden und habe rundum gut gesättigt per Fahrrad den Heimweg angetreten.