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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Akira - Japanese Sushi Dining in 66121 Saarbrücken bewertet.
vor 3 Jahren
"Sashimi, Sushi, Saarvoir-vivre! Oder: wie uns ein japanischer Rohfischexperte einen genussvollen Sommerabend in Saarbrücken bescherte"
Verifiziert

Geschrieben am 12.09.2021
Besucht am 07.08.2021 Besuchszeit: Abendessen 2 Personen Rechnungsbetrag: 107 EUR
Anfang August verschlug es meinen Vater und mich übers Wochenende ins ehemalige Lothringer Steinkohlerevier, genauer gesagt nach Stiring-Wendel, einer vom Bergbau geprägten („Quartier Habsterdick“, „Grube Wendel“) französischen Kleinstadt, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Hauptstadt des Saarlandes bzw. direkt an der deutsch-französischen Grenze befindet. Hier gastierten wir in einer herzlich geführten Airbnb-Unterkunft, die strategisch gut ausgesucht war:
 
Das Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ in Reichweite, Saarbrücken quasi um die Ecke und im Ort selbst war ein angesehenes Sternelokal, das seit nunmehr 41 (!!!) Jahren von zwei Schwestern geführt wird und das sich seit 1990 mit einem Michelin-Stern schmücken darf, beherbergt.
 
„Beherbergt“ passt in diesem Falle wie der berühmte Deckel auf den Topf, denn in diese „gute Herberge“ (Restaurant La Bonne Auberge) ging es dann auch am Abend zuvor. Der enthusiastische, nach bewährter „Elsassinatorenmanier“ verfasste „Kurzbericht“ kann bei den Kollegen von Tripadvisor gerne eingesehen werden. Den Link dorthin erspar ich euch an dieser Stelle, denn zu viel Eigenwerbung ist ja bekanntlich schlecht fürs kulinarische Karma.
 
Am Samstagabend sollte es jedoch etwas bescheidener zugehen. Da mein Vater den kleinen Köstlichkeiten aus rohem Fisch und gesäuertem Reis grundsätzlich zugeneigt ist, suchte ich nach einem geeigneten Sushitempel und stieß auf das bei TA sehr gut bewertete „Akira – Japanese Sushi Dining“, das im Saarbrücker Stadtteil St. Johann ansässig ist.
 
Ein kurzer Anruf genügte und wir hatten einen Tisch für 20 Uhr reserviert. Bis dahin wäre wieder etwas frei, so die freundliche Stimme mit asiatischem Akzent am Telefon. Die Zeit bis dahin wollten wir mit einem kleinen Spaziergang an der Saar entlang füllen. Wir parkten „Am Staden“ und erfreuten uns des lauen Sommerabends, das den Saarbrücker Stadtteil St. Johann von seiner entspannten Seite zeigte.
 
Der entschleunigende Charakter dieses Naherholungsgebiets war nicht zu verachten. Vom Ufer der Saar blickten wir hoch zu gepflegten, geradezu herrschaftlich wirkenden Anwesen, die dieses parkähnliche Areal zwischen Bismarckbrücke und Heizkraftwerk Römerbrücke prägten.
 
Unweit des von der Energie SaarLorLux AG betriebenen Kraftwerks befand sich unser kulinarisches Ziel des Abends, das in einem recht unscheinbaren, freistehenden Häuschen an der Ecke Bismarckstraße/Straße des 13.Januar untergebracht war. Erforts Schlachthof Brasserie – Ort einer erst vor kurzem abgehaltenen, lukullischen „Löwenfütterung“ – war in unmittelbarer Reichweite. Genau wie das neulich vom geschätzten GG-Kollegen Simba rezensierte Restaurant Undine, vor dem wir unser Auto abstellten. Die Parkplatzsituation hatte sich am Ende der Bismarckstraße wieder deutlich entspannt.
 
In dem putzigen Eckhaus war in den 60er/70er-Jahren eine kleine Bier- bzw. Tabakbude untergebracht. Die Arbeiter des nahegelegenen Schlachthofes wussten dies in ihren Pausen sicherlich zu schätzen. Ab Mitte der 80er Jahre stand das Gebäude leer, ehe der japanische Sushikoch Akira Hirose den Pavillon renovierte und im April 2017 zusammen mit seiner Frau Asuka eröffnete.
Impression aus dem Gastraum (früh am Abend) 
Akira Hirose hat das Sushi- bzw. Sashimihandwerk in Japan gelernt - also „vom Yanagiba auf“ könnte man sagen. Nach seinen ersten gastronomischen Erfahrungen dort, zog es ihn nach Saarbrücken, wo er mit seinen Rohfischkreationen im Restaurant Kimdo in der Mainzer Straße erste kulinarische Ausrufezeichen setzte. Dort hatte sich Akira Hirose schnell einen Namen gemacht. Die Entscheidung für ein eigenes Sushi-Restaurant ließ dann auch nicht lange auf sich warten.
Der Sushi-Pavillon
Auf der übersichtlich gestalteten Homepage des Ladens kann man sich vorab über die Philosophie dieses Kleinods unweit der „Daarler Brück“ (Fußgängerbrücke), die nach St. Arnual hinüberführt, informieren. Von authentischer japanischer Sushi-Küche mit qualitativ hochwertigen und stets frischen Zutaten ist da die Rede. Deren Zubereitung findet übrigens in einer offenen Küche statt, so dass man dem Meister wunderbar beim „Werkeln“ zusehen kann.
Impression aus dem Gastraum (später am Abend) 
Frau Asuka Hirose, die in dem gerade mal sechs Tische zählenden Lokal den Service alleine wuppt, begrüßte uns freundlich, wies uns den angedachten Tisch zu und händigte uns wenig später das in abwischbare Klarsichthüllen verpackte Speisenprogramm aus. Dieses fiel – im Gegensatz zu den meisten zeitgeistigen, panasiatischen Sushiläden – nicht überbordend aus. Dem Frische-Credo von der Homepage schien man also tatsächlich Rechnung zu tragen.
 
Unter den zehn verschiedenen Gerichten für vorweg traf ich auf Bewährtes aus „Fernkost“, wie z.B. Misosuppe, Edamame, Lachstatar und Tempura-Garnelen. Kinpira, japanischer Schwarzwurzelsalat mit Karotten, Konjakwurzel und Sesam, sowie die Takoyaki genannten, mit Pulpo gefüllten Teigkugeln waren mir dagegen neu.
 
Weiterhin zählte ich 14 verschiedene Nigiri-Varianten – darunter Exquisites wie Seeigel, echte Krabbe, Jakobsmuschel und gegrillter Aal. Vieles davon gab es auch in der Maki-Version. Herzstück der kleinen, aber feinen Sushikarte waren aus meiner Sicht die abwechslungsreichen „Rollenspiele“, die Küchenchef Akira Hirose mit Leidenschaft betrieb. Von „California“ bis „Unagi“ machte das in der Summe 14 unterschiedlich bestückte Sushi-Rollen, von denen eine appetitlicher klang als die andere.
 
Auch ein kleines Speisenangebot kann ja bekanntlich zu Entscheidungsnöten führen. Da kamen uns die beiden gut gekühlten Sapporo-Biere aus der 0,33l-Flasche (jeweils 3,30 Euro) gerade Recht, um nach dem Anstoßen auf unseren erlebnisreichen Tag im Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ noch ein wenig Bedenkzeit zu haben und das „Kleingedruckte“ im DIN-A5-Format noch einmal näher unter die Lupe zu nehmen.
 
Oder das nicht ungemütliche Innere der kleinen Frischfischklause etwas genauer zu inspizieren. Wir saßen recht kommod auf bequem gepolsterten Holzstühlen und ließen die unaufgeregt lockere Atmosphäre des Ladens auf uns Wirken. Die überschaubare Gästeschar schien sich sichtlich wohlzufühlen. Die meisten von ihnen hatten schon ihre Sushiplatten geputzt bzw. orderten einfach sukzessive weiter nach.
 
Mein Blick hing an der offenen Küche, wo ich Meister Hirose beim Hantieren zusehen konnte. Heller Fliesenboden, in ebenfalls heller Steinoptik verputzte Wände und die fast komplett ringsherum verlaufende Fensterfront sorgten für ein durchweg freundliches Ambiente, das später von den in die Decke eingelassenen Spots in nicht minder gemütliches Licht getaucht wurde. Alles in allem ein zwar puristisch eingerichteter, aber dennoch recht behaglicher Ort des Geschehens. 
Impression aus dem Gastraum (kurz vor Ladenschluss)
Gemütliches Eck
Hier lässt es sich aushalten...
Den kulinarischen Start ins Rohfischrennen machten drei Vorspeisen. Den bereits erwähnten Takoyaki-Teigkugeln (6 Euro) konnte ich nicht widerstehen. Auch die Garnelen im Tempurateig (6,50 Euro) entstammten meiner Idee nach „etwas Knusprigem zum Dippen“ vorweg. Mein Vater wollte den Abend zunächst mit einer heißen Misosuppe (4 Euro) begehen.
 
„Spicy Tuna Roll“ (11 Euro) und „Teriyaki Sake Roll“ (10 Euro) nannten sich die beiden akkurat angefertigten und säuberlich zerteilten Reiszylinder aus Avocado und Thunfischtatar bzw. gebratenem Lachs, die danach auf dunkler Keramik platziert den Weg an unseren Tisch finden sollten. Jeweils zwei von Jakobsmuschel (Hotate), Thunfisch (Maguro) und Lachs (Sake) getoppte Nigiri waren ebenfalls mit von der ersten Partie. Das Nachordern wurde da schon als Option in Betracht gezogen.
 
Bemerkenswert fand ich die Tatsache, dass Herr Hirose seine hausgemachte Sojasauce in zwei Varianten anbot: eine kräftigere, mit höherem Salzanteil, die speziell für die Nigiri gedacht war, sowie eine etwas leichtere Sauce mit mild-süßlichem Charakter, die besser zu den Maki-Rollen passen sollte.
 
Natürlich probierten wir beide aus und mir persönlich war die mildere Variante am angenehmsten. Aber zunächst lagen da ja drei heiße Teigkugeln vor mir, die von ein wenig Frühlingszwiebel getoppt wurden und in einem leicht säuerlichen Okonomiyaki-Sud badeten. Ähnlich wie die Poffertjes aus Holland werden diese etwa pflaumengroßen Teigkugeln in einem speziellen Brateisen gefertigt. Der Name bedeutet so viel wie „gebratener Krake“, womit auch seine zarte Meeresfüllung erklärt wäre.
Takoyaki
Ein gelungener Start, der von drei stattlichen, dank ihres Tempurateigs nicht allzu fettigen Knuspergarnelen sowie einer wohlig duftenden Umami-Brühe aus Soja-Paste stimmig ergänzt wurde. Für die frittierten Knusperfinger hatte man Garnelen ordentlicher Qualität und Sortierung verwendet. In etwas Sojasauce gedippt, waren sie ein guter Beweis dafür, wie glücklich einfaches, aber topfrisch zubereitetes Fingerfood aus guten Produkten machen kann.
Tempura-Garnelen
Auch mein Vater zeigte sich mit seiner von Tofustücken, Wakame und Frühlingszwiebeln kündenden Misosuppe hochzufrieden. „Perfektion im Einfachen!“ schien das Motto des Abends zu werden. Wir waren gespannt.
Miso-Suppe 
Mit zwei Klecksen Wasabi-Paste am Rand und einem à part gereichten Schälchen Gari (eingelegter Ingwer) kam die ansehnliche Sushi-Platte, welche die beiden in Häppchen zerteilten Rollen sowie die kleine Nigiri-Auswahl bereithielt. Die roten Rohfisch-Toupets aus Lachs und Thunfisch stachen aus der Reislandschaft farblich hervor.
Unser erster Sushi-Gang
Dass diese Nigiri-Preziosen - genau wie die Jakobsmuschelvariante - förmlich auf der Zunge zergingen, machte das Sashimi-Erlebnis zum Einstieg perfekt.
Unsere Nigiri-Auswahl (Thunfisch, Lachs und Jakobsmuschel)
Die Spicy Tuna Roll trug ihren scharfen Namen nicht zu Unrecht. Das herrlich pikant angemachte Thunfischtatar erfuhr durch die süßlich-cremige Avocado zwar „mildernde Umstände“, brannte aber am Gaumen noch spürbar nach.
Spicy Tuna Roll (mit Thunfischtatar)
Charakter-Sushi! Ohne Frage. Auch mit dem gebratenen Lachs vertrug sich die birnenförmige Beerenfrucht mit dem weichen, grüngelben Fruchtfleisch sehr gut.
 
Die mit geröstetem Sesam bestreuten Rollen wurden von perfekt gesäuertem Reis, der trotz seiner Klebrigkeit eine leicht körnige Textur vorweisen konnte, zusammengehalten. Auf Saucenorgien aus der Quetschflasche wurde dankenswerter Weise verzichtet. Auf Trockeneisnebel übrigens auch. Der Geschmack des kurz zuvor verarbeiteten Frischfischs sollte für sich alleine stehen und tat dies auch. Da bedurfte es keinerlei Ablenkungen vom Wesentlichen.
Teriyaki Sake Roll (mit gebratenem Lachs)
Genussvoll klemmten wir die kalten Reisteilchen zwischen unsere Ess-Stäbe und tauchten sie in Sojasauce, um dem Ganzen noch ein wenig mehr Schmackes zu verleihen. Natürlich wurde diese vorher mit ein wenig Wasabi-Paste geschärft. Der eingelegte Ingwer besorgte dann am Gaumen den Rest.
 
Der Sättigungsprozess schritt zwar häppchenweise voran, erlaubte aber noch zwei Rollen als Zugabe, was uns eine zweite Sushi-Welle einbrachte. Mit der von rotem Thunfischfilet getoppten Tuna Roll (11 Euro) sowie der mit frittierter Garnele gefüllten Crispy Shrimp Roll (12 Euro) machten wir genau da weiter, wo wir bei ihren reisummantelten Vorgängern aufgehört hatten.
Crispy Shrimp Roll (mit Tempura-Garnele)
Tuna Roll
Zwei weitere Flaschenbiere der Marke Sapporo durften dazu nicht fehlen.
 
Zum süßen Finale gönnten wir uns noch ein japanisches Gebäck in Form eines Fisches. Das traditionell mit Anko, einer süßen Bohnenpaste, gefüllte Taiyaki (4 Euro) war keine allzu klebrige Angelegenheit. Aber warum sich dieses Waffelgericht in Japan so großer Beliebtheit erfreut, erschloss sich mir beim Verzehr nicht unbedingt.
Taiyaki
Hochzufrieden verließen wir als letzte Gäste dieses Kleinod gehobener Rohfischverarbeitung und waren uns einig, solch eine tolle Qualität nicht allzu oft zwischen die Ess-Stäbchen geklemmt zu bekommen. Dass der Laden etwas unter dem Hashimoto-Radar läuft, tut ihm vielleicht sogar ganz gut. Das Preis-Genuss-Verhältnis hat jedenfalls gepasst. Und nach dem Gourmetabend in der Bonne Auberge (Stiring-Wendel) fiel uns das Saarvoir-vivre im Stadtteil St. Johann gar nicht mal schwer.
 
Wenn Sushi, dann bitte so wie im Akira, das ich jedem in Saarbrücken weilenden Rohfischversteher nur wärmstens empfehlen kann. Herr Hirose ist ein Meister seines Faches, der ganz ohne Chichi und Kinkerlitzchen frische Produkte aus dem Meer in köstlichen Reisgebilden versteckt. Heißer Tipp? Ja klar, aber auch irgendwie ein kalter... ;-)
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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