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GastroGuide-User: marcO74
marcO74 hat Osteria Piccolo Paradiso in 76829 Landau in der Pfalz bewertet.
vor 3 Jahren
"Kleine Paradiese soll man mit Freu(n)den teilen…"
Verifiziert

Geschrieben am 01.02.2022 | Aktualisiert am 02.02.2022
Besucht am 22.01.2022 Besuchszeit: Abendessen 8 Personen Rechnungsbetrag: 307 EUR
…besonders wenn es einen Anlass zum Feiern gibt.
 
Vorgeschichte.
 
Der Tag der numerischen Erhöhung meines Lebensalters war neulich ein solcher. Als ewiger „Winterjubilar“, dessen Ehrentag im Januar schon allein wegen der kalten Witterung keine Gartenparty à la Downingstreet zulässt, feiere ich dieses alljährliche Ereignis recht selten in großem Stil. In Gesellschaft meiner besten Freunde jedoch sehr gerne.
 
Umso schöner, dass uns dieses Jahr die Pandemie keinen Lockdown durch die Rechnung machte und wir zu acht einen entspannten Abend mit gutem Essen, tollen Gesprächen und selbst mitgebrachtem Wein bei meinem Stammitaliener in Landau-Mörzheim verbringen durften.
 
Die gelungene Generalprobe.
 
Die Idee für diese kleine Feier im Kreis meiner Vertrauten kam mir ein paar Wochen zuvor. Mit drei Genussspechten im Schlepptau fiel ich Anfang Januar bei den beiden Stefanizzi-Brüdern Marco (Service) und Serafino (Küche) ein. Nicht nur die gewohnt herzliche Atmosphäre dieses kulinarischen Kleinods im Weinort Mörzheim machte diesen Abend zu etwas Besonderem. Es war vor allem die sensationelle, von Meister Serafino zubereitete Antipasti-Platte, die keine Gaumenfragen offenließ.
Antipasti-Teller
Arancini, Polpette und Co.
Nicht das erste Mal, dass ich hier Vitello, Caprese, Arancini, Bruschetta, Parma, Pulpo und Co. in Form eines üppig bestückten Vorspeisentellers vorgesetzt bekam.
Bruschetta und gebackener Blumenkohl im Vordergrund
Ein wunderbar abwechslungsreiches Divertimento bekannter Preziosen, das nicht nur optisch, sondern auch qualitativ keinen Nobel-Italo-Vergleich scheuen musste. Nur war es preislich wesentlich schüchterner kalkuliert. Aber dazu später mehr.
Meeresfrüchte im Vordergrund
Wie ich nach dieser opulenten Auswahl an italienischen Leckerbissen noch einen ihrer berühmten Teigfladen – es war eine kleine Pizza Diavola – nahezu komplett verspachteln konnte, ist mir bis heute ein Rätsel. Aber der Teufel steckt ja bekanntlich im Belag. Und dieser war definitiv ein feuriger, der mir mal wieder ganz schön einheizte.
Pizza Diavola
Daneben sorgte auch der 2017er Langhe Nebbiolo „Pian delle Mole“ vom Barolo-Girl Giulia Negri aus dem eigenen Bestand für wohlige Wärme und rote Wangen.
Langhe Nebbiolo von Giulia Negri
Nicht dass mir die vor Ort angebotenen Weine (Chianti, Montepulciano und andere übliche Verdächtige) nicht zusagen würden, aber so eine 14%-ige Infarktbremse aus dem Hause Negri geht dann doch über den flüssigen Hausgebrauch dieses kleinen Pizza-Paradieses hinaus.
 
Seidige Tannine, dezentes Holz dank Ausbau im 500-Liter-Tonneau und sein extrem zugänglicher Charakter machten stets Lust auf den nächsten Schluck. Von Serviceleiter Marco fachgerecht dekantiert, genossen wir dieses Musterbeispiel an grundsolider, piemontesischer Unaufgeregtheit zu den gut gewürzten Pizzen bzw. Pastatellern.
 
Die deftigen Tagliatelle all‘Amatriciana, die sich der Kollege zu meiner Linken gönnte, harmonierten dabei genauso gut mit dem roten Wonnetropfen wie die mit scharfer Salami, frischen Tomaten, Rucola und Parmigiano Pizza „Piu Gusto“ meines Gegenübers. Die mit Parmaschinken, Rucola und Parmesan belegte Pizza "Paradiso" des bekennenden Alkoholverzichters verharrte dagegen erwartungsgemäß in Mineralwasserkorrespondenz.           
Tagliatelle all‘Amatriciana
Pizza Piu Gusto
Pizza Paradiso

Dann wurde gefeiert…

Die „Generalprobe“ war also geglückt und so sollte dem gemütlichen Kollegenabend eine kleine Geburtstagsfeier wenige Wochen später folgen. Ich hatte vorab die Anzahl der Personen durchgegeben und die Auflage des Antipastitellers mit dem Küchenchef weitgehend abgeklärt. Ein wenig Spielraum räumte ich ihm dabei gerne ein. Der Mann weiß ja schließlich, was er tut. Auch die Anfrage, ein paar Flaschen aus dem eigenen Keller mitzubringen, wurde wohlwollend akzeptiert.
Die berühmte Ruhe vor dem Sturm...
Uns so kam es, dass wir uns zur vereinbarten Uhrzeit im gemütlichen Gewölbekeller der Stefanizzis einfanden. Nach dem warmen Glückwunsch- und Geschenkeregen saßen wir an zwei zusammengerückten Tischen und quatschten uns mächtig in Stimmung.
Die Tischgesellschaft beim Verzehr
Der urigen Atmosphäre im Inneren der kleinen Osteria tat das keinen Abbruch. Vielleicht sah man das an den Nachbartischen aufgrund der recht tonangebenden Geburtstagsgesellschaft etwas anders. Aber so what! Zu einer richtigen Feier im Lokal dürfen angeregte Tischgespräche bekanntlich nicht fehlen und von denen gab es an diesem Abend mehr als reichlich.
 
…und was gab’s zum Trinken?
 
Nun war es so, dass die meisten der anwesenden Gäste mit dem Auto nach Mörzheim gekommen waren und sie ihren Rückweg selbstverständlich auf die gleiche Weise antreten wollten. Deshalb hielt man sich beim Weinkonsum vernünftigerweise etwas zurück. Das ein oder andere Bierchen der Marke Bitburger wurde dann aber doch gezwitschert. Auch sechs Flaschen Mineralwasser (zu jeweils 5,50 Euro) fielen im Laufe des Abends unserem Durst zum Opfer.
 
Zum Einstieg wurde ein 2014er Barbaresco von der Cantina del Pino aus dem Piemont entkorkt und anschließend am Tisch fachgerecht dekantiert. Das ließ sich Hausherr und Serviceleiter Marco Stefanizzi nicht nehmen und zelebrierte das Umfüllen in die bauchige Glaskaraffe mit italienischem Charme. Diesen feinen, komplett aus Nebbiolo-Trauben der Cru-Lage „Ovello“ gekelterten Tropfen, von dem nur 6000 Flaschen jährlich abgefüllt werden, hatte ich von einem bekannten Online-Weinhändler aus Saarwellingen erworben.
Der Barbaresco Ovello von der Cantina del Pino
Er wurde von dem im März 2020 verstorbenen Ausnahmewinzer Renato Vacca vinifiziert und war ein super eleganter Vertreter seiner Art. Er zeigte sich schön straff am Gaumen und sparte nicht mit griffigen Tanninen. Seine leicht salzige Mineralität und sein langer Nachhall auf der Zunge beeindruckten gleichermaßen. Keine Frage, das war ein richtig komplexer Stoff, der da in unseren Gläsern funkelte. Ausgewogene Barbaresco-Nostalgie, die den Abend perfekt einläutete.
 
Das zweite Fläschchen, das später unsere Hauptgänge korrespondieren sollte, kam aus der Toskana. Genauer gesagt stammte der reinsortige 2015er Syrah aus der „Collezione Privata“ des Weinguts Isole e Olena. Inmitten des Chianti Classico beheimatet, setzt der experimentierfreudige Weinmacher Paolo de Marchi – natürlich hat der Mann in Geisenheim Weinbau studiert, wo denn sonst? – auf würzige Frische und mächtige Frucht.
Der reinsortige Syrah-Gigant von Isole e Olena
So auch bei diesem Ausnahme-Syrah, der die reinste Trinkfreude bedeutete. Ein wahres Brett von einem tiefdunklen Roten, der mit seinem perfekt ausbalancierten Frucht-Säure-Gerüst und seiner üppigen, aber nie aufdringlichen Tanninausstattung keinen Vergleich mit den großen Namen der nördlichen Rhône (Côte-Rôtie) zu scheuen brauchte. Ohne Frage war das ganz großes Rotweinkino, das ich bei nächster Gelegenheit dringend nachordern sollte.
 
Antipasti fantasti!
 
Da auf jeden am Tisch ein großzügig bemessener Antipastiteller wartete, vertagten wir die À-la-Carte-Bestellungen und machten diese vom verbliebenen Resthunger abhängig. Eine gute Entscheidung, zu der uns der Servicechef riet. Denn, was uns wenig später als Vorspeisenportion an den Tisch gebracht wurde, hätte jeder Hauptgerichtsverspeisung gut zu Porzellan gestanden.
Der Vorspeisenteller
Auf jedem Teller befand sich eine bemerkenswerte Menge an mediterranen Köstlichkeiten, die einen abwechslungsreichen Querschnitt durch die italienische Vorwegküche zogen.
Antipasti-Variation
In Olivenöl mariniertes Grillgemüse (Zucchini, Paprika), ein gratinierter Champignonkopf, butterzartes Rindercarpaccio mit würzigem Parmesan, Blumenkohl in Backteig, Parmaschinken mit Melone, mit frischer Zitronenvinaigrette angemachter Meeresfrüchtesalat aus zartem Pulpo, ausgelösten Miesmuscheln und einer gepanzerten Crevette, fluffige Polpette (Hackbällchen) und natürlich ein cremiges Vitello tonnato sorgten zusammen mit frisch gebackener Focaccia für zufriedene Gesichter am Tisch.
Antipasti-Teller im Detail
Antipasti-Teller im Detail
Und das alles für sage und schreibe 22,50 Euro pro Teller. In Anbetracht der durchweg schmeckbaren Produktfrische und der liebevollen Zubereitung der verschiedenen Antipasti-Klassiker war das mehr als nur ein Schnäppchen. Wahrscheinlich war es ein Freundschaftspreis. Kein Wunder, beruht doch unser Verhältnis seit über 20 Jahren auf ehrlicher Wertschätzung und gegenseitiger Sympathie. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an die Stefanizzi-Brüder für diese kleine kulinarische Italien-Reise. Auch sie hat den Abend zu etwas Besonderem gemacht.
 
Wer hat Angst vorm zweiten Gang?... Niemand!
 
Die ersten Anzeichen von Sättigung ignorierend, orderten wir uns einmal quer durch das Standardprogramm der Osteria. Zwei Portionen Miesmuscheln (jeweils 14,90 Euro) – einmal in Tomaten-, einmal in Weißweinsud – fanden ihre bereitwilligen Abnehmer. Auch ein Italienischer Salat (10 Euro) stand auf unserem Bestellzettel. Der Mann neben mir gönnte sich die Spaghetti Aglio Olio (10 Euro), während mit der kleinen „Alessio“ (11 Euro), der kleinen „Paradiso“ (13,50 Euro) und einer „Mamma Mia“ in Normalgröße (12 Euro) auch der beliebtesten Konfektionsspeise der Welt Tribut gezollt wurde.
Pizza Alessio 
Für alle Pizzen aus dem Hause Stefanizzi gilt schon seit etlichen Jahren die Formel: (Dünner, knuspriger Boden + saftiger Belag + richtige Ofenhitze) mal Kompetenz des Pizzaiolos im Quadrat = Wonnefladen, der die Frische und Natürlichkeit der italienischen Küche auf schmackigste Art und Weise zum Ausdruck bringt. Mehr - aber auch nicht weniger - gibt es über die prachtvollen Runderzeugnisse italienischer Backtradition im Grunde nicht zu berichten. Für mich sind sie nach wie vor die Referenz in der Südpfalz.
 
Wer sich gerne an appetitlichen Pizzafotos labt, dem empfehle ich die Fotoabteilung des Lokals hier auf GG. Sie hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einer eindrucksvollen Teigfladengalerie gemausert. Wer da keine Lust auf die deftig belegten Schlemmerscheiben bekommt, dem ist in dieser Hinsicht eh nicht mehr zu helfen bzw. hat Gluten, Lactose oder beides zusammen.
 
Ich tat mich übrigens an einer Portion Miesmuscheln, die in würzigem Tomatensud badeten, gütlich.
Die überhaupt nicht miesen Muscheln!
Die mit italienischen Kräutern und einem Schluck Weißwein verfeinerte Tunke schmeckte derart köstlich, dass ich selbst im wohlgesättigten Zustand noch diverse Focaccia-Stücke hineintunkte und mit einem Ausdruck von Glückseligkeit verspeiste.
 
Rien ne va plus…
 
Es war absehbar, dass es keinen am Tisch nach einem abschließenden Dessert gelüstete. Nicht dass hier das hausgemachte Tiramisu keine süße Sünde wert wäre. Es ging schlicht und ergreifend nichts mehr hinein in die wackere Mangiare-Mannschaft meines Vertrauens. Lediglich ein paar flüssige Verdauerle wurden digestivierend in Betracht gezogen. Unser spendabler Gastgeber hetzte uns schlussendlich die Herren Ramazzotti und Averna in den Hals. Eine nette Geste, die den Abend mit 30%iger Kräuterlaune ausklingen ließ.
 
Danke!
 
Welch schöne Auszeit vom tristen, pandemiebeschränkten Alltag. Besonders in Zeiten wie diesen wird einem klar, wie wertvoll und wichtig zugleich es doch ist, gemeinsam mit seinen besten Freunden feiern, genießen oder sich einfach nur gut unterhalten zu können. Wenn dann auch noch feine Speisen, passable Weine und herzliche Gastgeber hinzukommen, kann man ohne Übertreibung von einem nahezu perfekten Abend sprechen. Mein Dank gilt Marco und Serafino Stefanizzi, die diese Feier in die richtigen kulinarischen Bahnen lenkten. Mögen auch für diese fleißigen Gastronomen wieder bessere Tage Einzug halten. Auf meine Unterstützung können sie jedenfalls zählen.
DETAILBEWERTUNG
Service
Sauberkeit
Essen
Ambiente
Preis/Leistung


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