Wir verwenden Cookies
Wenn Sie unsere Webseiten besuchen, kann Ihre Systemsoftware Informationen in Form von Cookies oder anderen Technologien von uns und unseren Partnern abrufen oder speichern, um z.B. die gewünschte Funktion der Website zu gewährleisten.
Auch an der recht übersichtlichen laminierten Speisekarte scheitern wir erst mal. Auf zwei Seiten werden etwa ein halbes Dutzend Speisen angeboten: eine asiatische Suppe, ein Nudelgericht, ein Dessert, drei Hauptgerichte (Maritimes und Fleisch). Etwas mehr Auswahl erhoffend, wollen wir fast schon die Segel streichen und ein alternatives Lokal aufsuchen, als uns der sehr höfliche, sehr ruhige, sehr distinguierte Kellner zum Bleiben überreden kann, indem er eventuell noch eine individuell angerichtete, zusätzliche Speise offeriert. Nach dem etwas holprigen Einstieg bleibe ich noch verhalten skeptisch, bis unser Tisch sehr gepflegt mit Stoffservietten und schwerem Besteck eingedeckt wird und das Amuse Gueule sich als überraschend geschmackvoll erweist: aromatische, getrocknete Tomaten, ein selbstgebackenes, helles Brot, sowie mild gewürzte Butter. Meine „Ostfriesischen Tapas“ für 13,50 Euro (die lediglich auf einer handgeschriebenen Tafel vor dem Haus annonciert werden und deren Bestandteile der Ober erst mehrmals in der Küche klären muss) sind dann tatsächlich der Hit und versöhnen mich sofort, entgegen der anfänglichen Skepsis. Auf einem länglichen, rustikalen Holzbrett (wie ich es eher von Rauchfleischvespern aus dem Schwarzwald kenne) sind über einem Bett von losen Salatblättern, Gewürzkräutern und Sprossen vier Gläschen mit folgenden Inhalten angerichtet: butterzarte Matjeshäppchen mit Zwiebeln, gekochte Krabben mit leichter Salznote , ein sanft-sahniger Heringssalat mit Gewürzgürkchen und Apfelstückchen, Miesmuscheln ihn stückigem Tomatensugo. Dazu wird ein kleiner hausgemachter Flammkuchen gereicht, der überraschend buttrig schmeckt und mit Apfel-Zwiebel-Confit angereichert ist. Alle Bestandteile sind hochwertig, ambitioniert und sorgsam verarbeitet, lassen eine persönliche Handschrift des Kochs erahnen. Mehrfach erscheint der Kellner, um sich aufmerksam zu erkundigen, ob es schmeckt. Das tut es – und zwar vorzüglich! Auch die exotische Tom Yam Gung Suppe (für 6,50 Euro) ist ein Gedicht: mit Kokosmilch, Zitronengras, aromatischem Gemüse, serviert in einem Einmachglas mit Bügelverschluss. Dazu trinken wir zwei Flaschen Vilsa Mineralwasser (das als Medium gepriesen wird, jedoch noch ausreichend Kohlensäure enthält) und kräftigen, spanischen Rioja, Maruqes de Tiron (6,80 Euro für 0,2 Liter) der aus einer formschönen Glaskaraffe in breite, ausladende Rotweingläsern gegossen wird.
Inzwischen hat sich auch ein interessiertes, spannendes Gespräch mit dem sehr aufgeschlossenen Koch ergeben, der auch nur mal kurz nach unserem Befinden sehen wollte, dann jedoch bemerkt hat, dass wir durchaus an Interna interessiert sind – egal, ob sie die Küche, die Insel oder seinen Werdegang betreffen. Sogar der Hotelmanager tritt noch an den Tisch und erfreut sich an unserem Wohlergehen. Am Ende tauen beide Seiten nach der anfänglichen Distanziertheit dermassen auf, dass wir fast schon geneigt sind, jeden Abend hier zu dinieren. Die Karte soll alle 2-3 Tage wechseln, wie man uns versichert. Auch Sonderwünsche, wie z.B. gebratenen Baby-Pulpo dürften wir gerne mal äußern… Nun gut, kurz vor 21 Uhr sind wir dann wirklich die letzten Gäste und beeilen uns, zu gehen. Die handbeschriebene Tafel vor dem Haus verspricht noch ein Kaffee-und-Kuchen-Gedeck für 5 Euro, doch das vermag mich nun wirklich nicht zu locken. Interessant ist allerdings noch die Halbpension-Variante für Hausgäste: die Scholle Finkenwerder Art mit reichlich Gemüse und Salzkartoffeln, die wir am Nebentisch entdeckt hatten, wurde von einem Hausgast verspeist, der überaus zufrieden wirkte und voll des Lobes war. Unser Fazit: Manchmal lohnt der zweite oder dritte Blick.