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Wer wie wir die Festung zu Fuss erklimmt, kommt oben jedoch mit einem gehörigen Appetit an. Mitten im Innenhof der überraschend weitläufigen Burganlage befindet sich eine gern besuchte und gut frequentierte Gaststätte, die häufig von Reisegruppen gebucht, aber auch von Einheimischen für Familienfeiern ausgesucht wird. Obwohl wir an einem Oktobersonntag kurz vor 12 Uhr ankommen, ist die Lage schon recht kritisch: an fast allen Tischen prangt ein Reserviert-Schild. Das Servicepersonal wuselt geschäftig durch die Gegend, ein möglicher Ansprechpartner ist nicht in Sicht, alles deutet eher auf Ablehnung und Zurückweisung. Der grosse Gastraum ist eher unvorteilhaft möbliert und unterteilt, dabei könnte man sich das Ambiente ganz grossherrschaftlich und fürstlich vorstellen. Wir nehmen am letzten freien Katzentisch nahe der Küche Platz und harren der Dinge, die da kommen. Aber der Fokus liegt hier ganz klar auf angemeldete Gruppen. Einzelgäste werden geflissentlich ignoriert. Hier hilft nur: Ellenbogen ausfahren, Stimme erheben, laut werden. Doch von jetzt an geschieht ein Wunder.
Wer einmal auf dem Schirm der Serviceherren auftaucht, hat gute Karten. Der herzliche, wohlwollende, gut organisierte ältere Ober bedauert glaubhaft, uns übersehen zu haben und bedient uns nun mit grosser Aufmerksamkeit. Zwar wird an diesem Sonntag nur eine kleine Karte gereicht, aber hier dürfte jeder fündig werden. Wir wählen eine herzhafte Kartoffelsuppe mit Croutons (4,60 Euro), die zwar unterschwellig nach Kürbis schmeckt, aber sehr sämig ist und wundervoll sättigt. Ausserdem Hühnergeschnetzeltes mit Spätzle und Beilagensalat (für überraschend günstige 12,80 Euro) – eine riesige, üppige Portion mit reichlich Convenience-Knöpfle und einem sehr vielseitigen, überaus würzig marinierten Salat, bei dem vor allem der kräftige Krautsalat und die erdigen Möhren überzeugen. Auch wenn hier grosse Mengen bedient werden, glauben wir, eine individuelle Note und eine ambitionierte Küche herauszuschmecken. Das überrascht dann doch. Auch das spritzige und frische Keiler-Weissbier, das direkt hier in Würzburg gebraut wurde, ist eine wunderbare Entdeckung. Es wird in einem griffigen, handlichen Henkelglas serviert und schmeckt nach mehr. Aber man muss ja irgendwie wieder in die Stadt hinunterkommen…
In puncto Gemütlichkeit liegen wir hier oben allerdings eher im gefühlten Minusbereich. Der mächtige Gastraum verströmt das Feeling einer grossen, gesichtslosen Halle, ohne Wärme oder Heimeligkeit. Scheinbar ungeordnet sind Tische und Stühle in den Raum gestellt, nur um das Optimum an Belegung herauszuholen. Dabei blicken wir auf zwei interessante Porträtgemälde an der Wand, wahrscheinlich den Fürstbischof Schönborn und den Architekten Balthasar Neumann darstellend. Aber für kunstgeschichtliche Erörterungen ist an diesem quirligen, lauten Oktobersonntag wirklich keine Zeit.
Die Toiletten erreicht man ebenerdig über den Empfangsraum hinweg. Trotz der hohen Besucherfrequenz sind sie gut gepflegt und gewartet. Alles in allem sehe ich in diesem Lokal ein recht hohes Potential, allerdings ziemlich gedämpft durch die grossen Besuchermassen, die hier hereinströmen. Unter der Woche ist man an diesem Ort sicherlich besser aufgehoben. Die Küche strengt sich sichtlich an und gibt viel mehr her, als man erwarten würde. Der Service wirkt am Wochenende zwar unter Druck, ist aber um Leistung und mehr Zugewandtheit bemüht. Allerdings scheinen Familienfeiern oder örtliche Tagungen den Vorrang zu haben. Trotzdem empfehle ich, als Individualgast sich einfach durchzusetzen und bemerkbar zu machen. Es lohnt sich bestimmt!